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Ein Brief in Schönschrift

Der Artikel „Die kleine Hexenjagd“ von Ulrich Greiner in der wöchentlich erscheinenden Zeitung die „ZEIT“ sorgte für einige Furore. Ganz besonders bei der 9-Jährigen Ishema Kane. In seinem Artikel greift Greiner die Thematik des Begriffes „Neger“ in Kinderbüchern auf und dass viele Verlage gerade dabei sind, diesen durch politisch korrektere Begriffe zu ersetzen. Er berichtet von Otfried Preußlers „die kleine Hexe“, in dem Kinder beschließen, sich als Neger, Türke und Chinesenmädchen zu verkleiden oder von Astrid Lindgrens Klassiker „Pippi Langstrumpf“, in dem die Protagonistin eine Negerprinzessin ist. Genauso ist es in Michael Endes „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“, in dem ein kleiner Neger auftaucht. Greiner sagt zu der Veränderung dieser Passagen: „Wie anders als Zensur oder Fälschung soll man das nennen?“ Bestimmte Stellen in „Pippi Langstrumpf“ wurden bereits abgeändert. So wurde aus der Negerprinzessin die Südseeprinzessin. Der Inhalt gehe verloren und man zensiere Werke meint Greiner. Man könne nicht jedes Mal, wenn es im modernen Zeitgeist nicht mehr angebracht ist, Worte in Büchern abändern. Zudem würde Rassismus nicht durch das Lesen von „die kleine Hexe“ entstehen und man müsse nicht, in seiner Absicht die Unschuld der Kinder zu bewahren, ganze Werke umschreiben. Ishema Kanes Mutter hatte jene Ausgabe der „ZEIT“ auch gekauft und ihrer Tochter von dem Inhalt des Artikels berichtet. Die kleine Ishema, deren Vater aus Senegal stammt, verfasste daraufhin alleine einen Leserbrief an die „ZEIT“, der gleichzeitig auch auf „Facebook“ veröffentlicht wurde. „Sie haben Glück, dass ich zumindestens diesen Brief in Schönschrift schreibe, denn ich bin sehr Sauer auf Sie. Ihr könnt euch nicht vorstellen wie sich dass für mich anfühlt wenn ich dass Wort lesen oder Hören muss. Mein Vater ist kein Neger und ich auch nicht“, heißt es z.B. in ihrem Brief. Einerseits hat Herr Greiner natürlich Recht, wenn er meint, dass Rassismus ganz sicher nicht aus Kinderbüchern entsteht oder dass man nicht Bücher mit der Verschiebung der Gewichtigkeit von Worten verändern kann. Auch der Frust von Schreibern, die sich ständig politisch korrekt ausdrücken müssen, ist verständlich und auch nachvollziehbar. Aber in diesem Falle geht es nicht darum, ein Wort zu Gendern oder aus einem „Handy“ ein „Smartphone“ zu machen, wie Greiner es beschreibt. Hier geht es um ein schreckliches Schimpfwort, dass aus der Zeit des Kolonialismus und der Sklaverei geprägt ist. In vielem muss man Ulrich Greiner zustimmen, aber manchmal vergisst man dorthin zu schauen, wo es wirklich entscheidend ist. In diesem Fall sind das Kinder, wie Ishema und ihre Eltern, die sich zutiefst gekränkt fühlen und sie sind sicherlich nicht die Einzigen. Astrid Lindgren & Co. hätten bestimmt auch nichts dagegen, aus der Negerprinzessin eine Südseeprinzessin zu machen. Schließlich haben sie diese Bücher dafür geschrieben, um Kinder glücklich und nicht traurig zu machen. Besonders, wenn die Kinder so eine schöne Handschrift haben.

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