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Erdoğan und Putin verhandeln über Weizenkorridor

Erdoğan und Putin trafen sich in Sotschi, um über das Getreidekorridor-Abkommen zu sprechen, aus dem sich Russland am 17. Juli zurückgezogen hatte. Das Treffen brachte keine Ergebnisse in dieser Frage, Putin sagte: „Wir sind bereit, das Abkommen wiederzubeleben, wenn die Sanktionen gegen uns aufgehoben werden.“

Erdoğan hatte bereits am 4. August angekündigt, dass Putin noch im August in die Türkei kommen werde, doch dieser Besuch kam nicht zustande. Schließlich wurde das Treffen der beiden Staatsoberhäupter nach Sotschi verlegt, nachdem die türkische Seite erneut darüber informiert wurde, dass Putin das Land wegen des anhaltenden Krieges und der Unruhen nicht verlassen möchte.

SPANNENDE THEMEN ZWISCHEN DEN BEIDEN LÄNDERN

Die grundsätzliche Zustimmung der Türkei zur schwedischen NATO-Mitgliedschaft auf dem Gipfel von Vilnius am 11. und 12. Juli, der Besuch des ukrainischen Präsidenten Zelensky und die Freilassung der Asow-Kommandeure gehörten zu den jüngsten Entwicklungen, die die Beziehungen zwischen den beiden Ländern belasteten. Seit der Aussetzung des Getreideabkommens betrachtet Moskau alle Schiffe, die in die Ukraine fahren, als potenziell militärische Fracht und behält sich das Recht vor, einzugreifen, was die Spannungen im Schwarzen Meer erhöht hat. Während die Vereinigten Staaten angekündigt hatten, mit Rumänien und Moldawien über den Export ukrainischen Getreides über die Donau zu verhandeln, die vollständig innerhalb der NATO-Grenzen liege, stellte der türkische Aussenminister Fidan auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow die Alternative der anderen Seite vor. Demnach soll mit finanzieller Unterstützung Katars 1 Million Tonnen Getreide zu einem ermäßigten Preis in die Türkei geliefert, in der Türkei verarbeitet und in afrikanische Länder transportiert werden.

Nach dem Treffen mit Erdoğan erklärte Putin: „Wir wollen den Getreidekorridor wiederbeleben, und zwar unter einer Bedingung. Wir wollen, dass unsere landwirtschaftlichen Erzeugnisse ungehindert zum Meer gelangen. Wenn die Versprechen erfüllt werden können, werden wir unsere eigenen Anstrengungen unternehmen, um diesen Getreidekorridor fortzusetzen.“ Weitere Themen des Treffens war ein Erdgaszentrumprojekt in der Türkei. Dazu formulierte Putin: „Gazprom hat der BOTAŞ den Fahrplan vorgelegt, der nächste Schritt ist die Einrichtung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe.“

PUTIN: SANKTIONEN GEGEN RUSSLAND MÜSSEN AUFGEHOBEN WERDEN

Putin verknüpfte die Akzeptanz des Abkommens mit weiteren Bedingungen. „Wir sind bereit, das Getreideabkommen wiederzubeleben. Für ein neues Abkommen müssen die Sanktionen gegen Russland aufgehoben werden. Das habe ich Herrn Erdogan gegenüber deutlich gemacht.“

Weiter erklärte Putin, warum Russland sich aus dem Abkommen zurückgezogen habe: „Wir mussten uns zurückziehen, weil sie uns in Handelsfragen nicht ernst genommen haben. Die andere Seite hat unseren humanitären Korridor für terroristische Anschläge genutzt. Das können wir nicht dulden. Wir sind besorgt, dass die Nahrungsmittel nicht an die wirklich Bedürftigen gehen. Bisher geht weniger Getreide an die Bedürftigen, und wir vermuten, dass das so weitergehen wird, zumindest unternimmt der Westen Anstrengungen in diese Richtung. Es gibt nur eine Bedingung. Wir wollen, dass unsere Produkte ungehindert das Meer erreichen. Wir wollen, dass unser Getreide an die Bedürftigen geht. Wir setzen derzeit unsere Abkommen mit 6 afrikanischen Ländern fort. Wir wollen Getreide kostenlos dorthin schicken.“ Weiter erklärte Putin „Russland ist bereit, 1 Million Tonnen Getreide zu einem Sonderpreis über die Türkei in die ärmsten Länder zu liefern, wir erwarten die Hilfe Katars.“

Zur russischen Beziehung zur Türkei lobte der russische Präsident die wachsende wirtschaftliche Beziehung um 80 Prozent und erklärte, die beiden Präsidenten hätten über die Währungen Euro und Dollar geredet. Man habe sich beraten, dass man diese beiden Währungen weniger verwenden werde. Weiter erklärte Putin: „Wir sehen, dass wir 20 Milliarden Kubikmeter Erdgas über Turkish Stream und Blue Stream transportieren, wir wollen unterstreichen, dass Russland immer der größte Partner in Sachen Erdgas sein wird. Wir können sagen, dass wir auch Erdgas in Drittländer liefern werden. Gazprom hat der BOTAŞ den Fahrplan vorgelegt, der nächste Schritt ist die Einrichtung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe.“

ERDOGAN: DIE UKRAINE MUSS IHRE FORDERUNGEN ABSCHWÄCHEN

Erdoğan erklärte: „Wir haben bereits direkte Verhandlungen zwischen den Parteien geführt. Wir sind bereit, unseren Teil zu diesem Thema beizutragen, wie immer. Eines der Themen, auf die wir uns konzentriert haben, war die Wiederbelebung der Schwarzmeer-Initiative. Die vorgelegten Alternativvorschläge konnten kein dauerhaftes Modell wie die Schwarzmeerkooperation bieten. Die Erwartungen Russlands sind allen Parteien bekannt. In diesem Zusammenhang haben wir ein neues Vorschlagspaket für die Vereinten Nationen vorbereitet. Ich glaube, dass es möglich ist, durch diesen neuen Prozess Ergebnisse zu erzielen. Die Türkei wird in kurzer Zeit eine Lösung präsentieren, die allen Erwartungen entspricht.“

UKRAINE REAGIERT AUF DAS TREFFEN

Die Ukraine hingegen reagierte auf den Alternativplan Russlands und teilte mit, dass die Türkei nicht in ein solches Vorhaben einbezogen werden sollte. „Die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, Russlands Getreideexporte im Schwarzen Meer zu unterstützen, ohne dass die ukrainischen Getreideexporte durch ukrainische Häfen wieder aufgenommen werden, wäre ein schwerer Schlag gegen internationale Verpflichtungen und das Völkerrecht“, hieß es in der Erklärung, und weiter: „Dies würde Moskau zu aggressiveren Aktionen ermutigen und das Gefühl der Straflosigkeit verstärken.

GETREIDEHAFEN VOR DEM TREFFEN GETROFFEN

Vor dem Treffen zwischen Putin und Erdogan in Sotschi wurde der Hafen von Izmail, über den Getreide in die Ukraine exportiert wird, von einer Drohne getroffen. Ukrainische Beamte erklärten, dass bei dem russischen Angriff Lagerhäuser beschädigt wurden. Der Gouverneur der Region Odessa, Oleh Kiper, sagte, die zivile Infrastruktur sei beschädigt worden und einige Gebäude hätten Feuer gefangen. Auf die ukrainischen Häfen Reni und Izmail entfiel vor der Aufkündigung des Getreideabkommens durch Russland etwa ein Viertel der Getreideexporte.

EU: WIR FORDERN RUSSLAND AUF, DER GETREIDEINITIATIVE FÜR DAS SCHWARZE MEER WIEDER BEIZUTRETEN

Auf eine Frage zur Schwarzmeer-Getreide-Initiative antwortete Peter Stano, ein Sprecher der EU-Kommission, dass man erwarte, dass Russland zu dem Abkommen zurückkehre, aus dem es sich am 17. Juli zurückgezogen habe. „Russland blockiert die günstigste Route für den Export ukrainischen Getreides auf die Weltmärkte. Das ist inakzeptabel. Gleichzeitig greift Russland jetzt Hafeninfrastrukturen und alternative Routen an, über die das Getreide die Ukraine verlassen kann. Hier zeigt sich die hässliche Seite des russischen Vorgehens. Russland blockiert nicht nur das ukrainische Getreide, sondern profitiert auch davon. Denn zum einen treibt es die Weltmarktpreise in die Höhe, zum anderen steigert es seine eigenen Exporte und erzielt damit enorme Einnahmen. Gerüchte, dass die EU die russischen Exporte blockiert, sind Desinformation, Manipulation und Lüge. Wir fordern Russland auf, sich wieder an der Schwarzmeer-Getreide-Initiative zu beteiligen.“

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