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Flüchtlingsgipfel – Kein Fokus auf Geflüchtetenhilfe

Kaja Koßmann

„Bund investiert eine Milliarde in die Flüchtlingspolitik!“ – so oder so ähnlich klingen die ersten Zeilen der meisten Schlagzeilen, die das Ergebnis des Flüchtlingsgipfels verkünden. Am 10. Mai haben sich die Länderchefs und der Bundeskanzler einen Tag lang über Geflüchtetenpolitik unterhalten. Dies fand als Reaktion darauf statt, dass die Länder und Kommunen sich vom Bund im Stich gelassen fühlen und mehr Unterstützung erwarten. Olaf Scholz hat nach dem Gipfel verkündet, er sei überaus zufrieden mit den Ergebnissen. Doch ein Blick hinter die Kulissen verrät, dazu gibt es wenig Anlass.

Die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Millionen Menschen leben unter so menschenunwürdigen oder lebensbedrohlichen Bedingungen in ihrer Heimat, dass sie ihr Leben und ihre Familien zurücklassen und den langen und lebensgefährlichen Weg nach Deutschland auf sich nehmen – in Hoffnung auf ein würdiges Leben. Doch beim Flüchtlingsgipfel und ähnlichen Sitzungen und den daraus folgenden Strategien der Regierung ist eines klar erkennbar: Der Fokus der deutschen Politiker ist nicht die Erleichterung der Bedingungen und damit die Entlastung der Geflüchteten. Stattdessen liegt er bei der Entlastung der deutschen Bundesländer und auf der „Steuerung der Migration“. Was damit gemeint ist, ist, dass auf dem Gipfel nicht nur die 1 Milliarde Einmalzahlung beschlossen wurde, was nicht einmal an dem Betrag kratzt, der für eine Ermöglichung von würdigen Bedingungen für alle Asylsuchende benötigt würde. Primär wurde darüber beraten, wie man die Migrationszahlen verkleinern könne. Zu dem Zweck sollen einerseits Vereinbarungen mit anderen Ländern geschlossen werden, die es Deutschland bürokratisch um einiges erleichtern sollen, Asylsuchende abzuschieben. Auch zu dem Zweck wird die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams von 10 auf 28 Tage fast verdreifacht. Zudem soll der „Grenzschutz“ der europäischen Außengrenzen von deutscher Seite stärker gefördert werden und auch die deutschen Grenzen stärker bewacht werden.

Die europäische Grenze stellt bereits jetzt die tödlichste Außengrenze weltweit dar. Täglich ertrinken Menschen im Mittelmeer unweit der europäischen Grenze und nicht nur können diese Menschen keine Hilfe der europäischen Behörden erwarten, die Rettung ihrer Leben wird sogar kriminalisiert. Allein in den ersten drei Monaten im Jahr 2023 sind 600 Menschen ertrunken. Von 2014 bis 2023 sind es fast 27.000 Menschen. Und das sind nur die erfassten Zahlen. Die Dunkelziffer von ertrunkenen Menschen ist enorm. Doch um die Rettung dieser Menschenleben ging es beim Flüchtlingsgipfel keinesfalls. Anstatt sich über Steuerung von Migration und über Einmalzahlungen zur Entlastung von Bundesländern zu unterhalten, müsste sich die deutsche Regierung mit internationaler Solidarität, Bekämpfung von Fluchtursachen und sicheren Fluchtrouten auseinandersetzen. Doch, dass das nicht passieren wird, zeigt die Tatsache, dass Migration nur geduldet und gefördert wird, wenn es um die Migration von gut ausgebildeten Fachkräften geht, die die deutsche Wirtschaft sich billig „einkauft“.

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