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Freies Theater, freie Kunst – freies Denken

Aristophanes gilt heute als einer der bedeutendsten Vertreter der griechischen Komödie und des griechischen Theaters überhaupt. Er lebte zwischen 450 und 444 v. Chr. in Athen und veröffentlichte ca. 40 Theaterstücke, von denen elf noch vollständig erhalten sind. Doch eins zeichnete Aristophanes auch sehr stark aus: seine kritische Haltung. Denn er und seine Theaterkunst waren eine starke Opposition für die Herrschenden. Er schrieb viel darüber, was in seinem Land schief lief und was das Volk störte. Aus erhaltenen Berichterstattungen weiß man heute, dass Aristophanes´ Vorführungen auch von „den Herrschenden“ viel besucht wurde. Man könnte denken, dass dies ihm Ärger verursacht haben mag. Ganz  im Gegenteil, auch von ihnen bekam er viel Beifall und Zuruf. Doch würde Aristophanes heute leben, würde es ihm deutlich schlechter gehen. Denn früher oder später würde ihn die Axt der Privatisierung auch auflauern oder man würde ihm sogar einen fertigen, vorkonstruierten Spielplan vor die Nase schieben.

 

Wer seid ihr überhaupt?!

Genau so und nicht anders. Denn seit Tagen protestieren nun in der Türkei hunderte Schauspieler, Künstler, Kulturschaffende und Theaterliebhaber gegen den Privatisierungszug der AKP-Regierung. Nach dem neuen Gesetz sollten die Staatstheater nun privatisiert werden und die Kommunen die Spielpläne der Theater „begleiten“. Mit anderen Worten: Theatereinrichtungen werden nicht mehr vom Staat gefördert und haben wie ein Unternehmen zu arbeiten. Genauso fatal ist, dass der Spielplan der Einrichtungen ab jetzt von der Kommunalpolitik mitbestimmt wird. Dies hat zur Folge, dass die Theatereinrichtungen von nun an wie Unternehmen, gewinnorientiert, arbeiten müssen, um überhaupt noch überleben zu können. Doch genauso viel Aufruhr wie das neue Gesetz, löste auch Erdogans Kommentar über die Protestierenden aus. „Ich frage mich, wer ihr seid? Steht das Theater unter eurem Machtmonopol? Diese Tage sind vorüber. In keinem hochentwickelten Land wirkt der Staat auf die Theatereinrichtungen ein“, sagte er. Erdogans Einwand, dass die Theatereinrichtungen unter der „Macht“ der Schauspieler und Theaterschaffenden stehen, klingt einem doch sehr merkwürdig. Denn wer sonst sollte Theater schaffen und erschaffen, als die Schauspieler und Künstler selbst?! Dass aber die Alternative dazu, die Privatisierung ist und somit Theatereinrichtungen von nun an unter der Macht der Unternehmen stehen sollen, übertrifft wirklich jedes Oxymoron.

 

Wem passt´s nicht?

Der Versuch Kultureinrichtungen zu privatisieren, ist nichts anderes, als den ursprünglichen Sinn des Theaters und der Kunst aus der Welt zu schaffen. Denn Kunst, somit auch Theater, stellt die Wirklichkeit infrage, weist auf Widersprüchliches hin und sorgt für eine kritische Hinterfragung des Vorhandenen. Und genau das ist es, was vor allem den Regierenden nicht passt. Auch in Deutschland und europaweit ist man nicht fern von diesem Problem. Allein in Berlin wurden seit Anfang diesen Jahres ein Dutzend Kultureinrichtungen von Museen bis Jugendeinrichtungen privatisiert und an freie Treuhänder weitergegeben. Viele von denen sind bereits am Verfallen. Die Privatisierung von Kultureinrichtungen in Deutschland lässt sich vor allem bei der Anzahl der Arbeitenden in dieser Branche spüren. Denn beispielsweise im Jahre 2008 unterschritt die Zahl der festangestellten Opernmitarbeiter zum ersten Mal die Untergrenze von 10000. Allein das zeigt schon, dass Kultureinrichtungen staatlich gefördert werden müssen. Es kann nicht angehen, dass kulturelle Bildung zur Sache der Unternehmen  wird und als Ware weiterverkauft wird.

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