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Gefährliche Pflege: knapp 45% der Corona-Toten starben im Pflegeheim

Ines Tsartsaris

Der Pflegereport der Barmer-Krankenkasse kam zu erschreckenden Ergebnissen: fast jeder zweite Corona-Todesfall ereignete sich in den ersten beiden Pandemie-Jahren in einer Pflegeeinrichtung. Somit war die Sterblichkeit von Heimbewohner:innen im Vergleich zum Rest der in Deutschland lebenden Menschen sieben bis acht Mal so hoch.

Der Report zeigte große regionale Unterschiede bzgl. der Erkrankung von Heimbewohner:innen zwischen Bundesländern, in denen die Bevölkerung die Corona-Maßnahmen besser akzeptiert und angewandt wurden (z.B. Bremen mit 0,57%) und in Bundesländern, in denen die Vorgaben eher abgelehnt wurden (z.B. Thüringen mit 9,73%).

Wie aber sind diese schrecklichen Zahlen zu Stande gekommen und welche Faktoren haben sie begünstigt?

Dass wir in Deutschland einen Pflegemangel haben, ist keine Neuigkeit. Der bestand schließlich auch schon vor der Pandemie. So kam bei einer Stichprobe des MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen) im Februar 2020 auf eine Pflegekraft, 20 zu versorgende Menschen.

Schlechte Arbeitsbedingungen, unzureichende Bezahlung und ein schlechtes Ansehen sorgen dafür, dass junge Menschen die Ausbildung zur Pflegefachkraft erst gar nicht antreten wollen oder sie frühzeitig abbrechen. Diejenigen, die sie doch beenden, geben den Beruf im Durchschnitt nach etwa fünf Jahren auf. Und die, die bleiben, erkranken früher oder später an einem Burn-out oder sind körperlich so geschädigt, dass sie nicht mehr arbeiten gehen können.

Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie haben sich diese Umstände nicht verbessert, ganz im Gegenteil: 70 % der im Barmer-Pflegereport befragten Pflegekräfte gaben an, dass sie körperlich erschöpft seien, 43 % gaben an, nicht mehr durchschlafen zu können und dieselbe Anzahl an Pflegekräften gab an, den Beruf endgültig aufgeben zu wollen.

Diese Umstände sind kein Zufall. Sie sind Symptome eines kaputt gesparten Gesundheitssystems, das längst nicht mehr auf die Erhaltung der Gesundheit der Bevölkerung ausgerichtet ist, sondern darauf, Profit zu generieren. Das wiederum belastet nicht nur das Pflegepersonal, sondern auch die zu pflegenden Menschen. Denn unter solchen schweren Umständen passieren nicht selten Fehler, die zu vermeiden gewesen wären und es kommt zu „gefährlicher Pflege“.

Dazu kommt, dass aufgrund der damals geltenden eingeschränkten Besuchsregelungen, die ohnehin schon oft einsamen Heimbewohner:innen, noch weniger Besuch erhielten. Das wirkte sich zusätzlich negativ auf ihre psychische Gesundheit aus. Zwar sind die Zahlen der Corona-Todesfälle, seitdem die Impfungen erhältlich sind, gesunken, dennoch bleibt eine Infektion mit Covid-19 für Risikogruppen, wie beispielsweise Bewohner:innen von Pflegeheimen, noch immer eine akute Gefahr. Nun werden sie mit dem Wegfall der Maskenpflicht für Pflegepersonal erneut gefährdet.

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