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Gewalthilfegesetz – jetzt und für alle!

Zara Canbay

Bislang gab es in Deutschland keinen rechtlichen Anspruch auf Schutz und Hilfe bei Gewalt, bis im Januar 2025 vom Bundestag das Gewalthilfegesetzt verabschiedet wurde. Im Februar hat der Bundesrat dem Gesetz zugestimmt und trotzdem gibt es weiterhin in Deutschland keinen Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe bei Gewalt. Zumindest bis 2032, dann erst soll der Rechtsanspruch gelten – wenn alles klappt und die Finanzierung auch sichergestellt ist…. Wieder wird Schutz von Opfern selber Opfer der Verwertungs- und Marktlogik.

Aber was bedeutet es, keinen rechtlichen Anspruch auf Schutz und Hilfe bei Gewalt zu haben? 2023 bedeutete das für faste jede vierte Frau, dass sie ihren Aufenthalt im Frauenhaus teilweise oder vollständig selbst bezahlen musste. Kosten, die für viele Frauen, die aus gewaltvollen Beziehungen fliehen, nicht tragbar sind. Das bedeutet für junge Mädchen und Frauen, dass sie nach einer Vergewaltigung erst mal auf Beratung warten müssen und nicht direkt den so nötigen Zugang und Hilfe bekommen.

Sich vor Augen zu führen, dass in Deutschland im vergangenen Jahr fast jeden Tag eine Frau durch eine Gewalttat getötet wurde und Frauen immer noch kein Anspruch auf Schutz und Hilfe haben, ist nicht duldbar.

Der erste Entwurf für das Gewalthilfegesetz wurde bereits im November vergangenen Jahres vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vorgelegt. Der Entwurf sollte einen Schutzanspruch für alle Betroffenen häuslicher Gewalt versichern. Ein wichtiger Schritt! Nach einer Debatte innerhalb des Bundesrates über den Gesetzesentwurf forderte der Bundesrat in seiner Stellungnahme eine höhere und längere Finanzierung und Beteiligung des Bundes. Im Januar wurde dann an die stellvertretende Parteivorsitzende der CDU das Forderungspapier „Stoppt Gewalt gegen Frauen – jetzt!“ vom Deutschen Frauenrat und der UN Women Deutschland sowie anderen Mitunterzeichnern überreicht. Fast eine Woche später kam es dann zu einer Einigung von SPD, Union und Grüne. Der Gesetzesentwurf durfte in den Bundestag zur Abstimmung, das aber mit einigen „Abzügen“. Der neue Entwurf beschränkt sich darauf, zu versichern, dass Frauen und Kinder, die geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, kostenlosen Zugang zu Beratung und Schutz erhalten können.

Letztlich wurde das Gewalthilfegesetz verabschiedet und ihm wurde auch im Bundesrat zugestimmt. In Kraft treten soll das Gesetz aber erst ab 2027. Bis dahin sollen die Länder Bestands- und Bedarfsanalysen durchführen, sodass dann ein ausreichendes sowie niedrigschwelliges Angebot an Schutz und Beratung gestellt werden kann. Die finale Umsetzungsfrist gilt bis 2032. Der Rechtsanspruch per Bundesgesetz würde mit einer erfolgreichen Umsetzung also auch erst ab 2032 eingeführt werden. Das bedeutet ab dann könnten Frauen ihren Schutzanspruch durch eine Klage also rechtlich durchsetzen. Hierrunter fallen aber auch nicht alle Frauen: Denn beispielsweise geflüchtete Frauen haben Wohnsitzauflagen, die es ihnen nur eigenschränkt ermöglichen, ein Frauenhaus aufzusuchen.

Das neue Gewalthilfegesetzt ist ein wichtiger und schon längst überfälliger Schritt zum Schutz der Frauen und folglich sehr zu begrüßen, trotz vieler Mängel und Schwächen, die eine dringende Überarbeitung brauchen. Dieses Gesetz wird aber jetzt sofort und nicht erst 2032 gebraucht!

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