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Keine ruhmreiche Wahl in Berlin

Während sich die Hamburgische Bürgerschaft in Puncto parlamentarischer Untersuchungsausschuss zu den Verstrickungen des NSU in der Hansestadt nicht gerade mit Ruhm bekleckert, sind auch auf anderen politischen Ebenen mehr als zweifelhafte Methoden zu beobachten.

So z.B. die CDU in Berlin. Nachdem die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus, die parallel zur Bundestagswahl 2021 stattgefunden hatte, aufgrund diverser Mängel vom Verfassungsgerichtshof Berlin für ungültig erklärt worden war, musste sie am 12. Februar 2023 wiederholt werden. Die CDU setzte bei ihrem Wahlkampf an der rassistischen Grundlage, die (Bundes-)Politiker:innen nach den Ausschreitungen der Silvesternacht in Berlin geschaffen und die bereitwillig von vielen Medien weitergetragen wurde, an und machte einen Wahlkampf, der kaum von dem der AfD zu unterscheiden ist. Aufrüstung der Polizei, Stimmung gegen Migrant:innen und die Rücknahme des Volksentscheids zur Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne waren nur einige der Forderungen. Die CDU setzte als an der Stimmung, die vor allem jugendliche Migrant:innnen zu Sündenböcken erklärte an. Doch ist das nicht der einzige Grund für den Erfolg. Während die CDU um 10,2 % im Vergleich zur Wahl 2021 zulegen konnte und auch die AfD 1,1 % mehr holte, wurden vor allem die Koalitionsparteien aus SPD (- 3 %), Grüne (- 0,5 %) und Linke (- 1,9 %) für ihre Politik der letzten Jahre abgestraft. Dass Wohnungsproblematik, soziale und ökologische Probleme in keinster Weise gelöst wurden, hat u.a. dafür gesorgt, dass die SPD ihr historisch niedrigstes Ergebnis in Berlin erzielte. Nun wurde CDU-Kandidat Kai Wegner am 27. April im dritten Wahlgang zum neuen Regierenden Bürgermeister Berlins gewählt. Von 159 Stimmen wurde Wegner mit 86 gewählt. Neben den Stimmen der CDU wurde er, laut deren Angaben, mit der Hälfte der Stimmen der AfD Fraktion gewählt. Was vor einigen Jahren im Falle der Wahl von Thomas Kemmerich (FDP) als Ministerpräsident Thüringens noch ein Eklat war, der von Protesten begleitet und mit dem Rücktritt Kemmerichs endete, ist heute für die CDU keinerlei Rede wert. Wer schon, wie die AfD, rassistische Hetze betreibt, kann schließlich auch mit deren Stimmen gewählt werden.

Doch nicht nur die CDU macht mit solchen Schritten auf sich aufmerksam, sondern auch die Grünen. Denn das bekannteste „Sorgenkind“, der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, hat nun seinen Austritt aus der Partei erklärt. Vor kurzem hatte er durch die Nutzung des N-Wortes für Schlagzeilen gesorgt. Erleichtertes Ausatmen bei so manchem Grünen, schließlich war Palmer in der Vergangenheit schon immer wieder mit rassistischen Äußerungen aufgefallen. Doch anstatt ihn aus der Partei zu werfen, einigten sich die baden-württembergischen Grünen mit ihm darauf, seine Mitgliedschaft erstmal ruhen zu lassen. Nicht unbedingt konsequent, wenn man, wie im Fall der Hamburgischen Abgeordneten Miriam Block, die für eine Aufarbeitung rassistischer Verbrechen gestimmt hat, doch wenn nötig sehr schnell abstrafen kann, wenn man will. Aber immerhin wird Palmer seit Jahren immer wieder als Oberbürgermeister Tübingens wiedergewählt und ist somit als Mitglied der Grünen doch wertvoll für die Partei. Fest steht: egal welchen demokratischen oder sogar antirassistischen Anstrich sich so manche Parteien geben mögen, wenn es um Macht und ums Regieren geht, sind schnell Vorsätze über Bord geworfen.

 

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