Written by 14:45 HABERLER

Kitas in Containern?

Am 1. Juni war der internationale Kindertag. Dieser hat eine lange Geschichte. Im August 1925 kamen in Genf 54 Staatsvertreter zusammen, um die Genfer Erklärung zum Schutze der Kinder zu beschließen. Nach dem zweiten Weltkrieg beauftragte die Generalversammlung der Vereinten Nationen das Kinderhilfswerk UNICEF mit der Erstellung eines Weltkindertages, dessen Datum jeder Staat für sich wählte. Die DDR beging den internationalen Kindertag am 1. Juni immer mit einer großen Feier. Nach der Wiedervereinigung wurde der 20. September zum Weltkindertag in Deutschland ernannt. Der 1. Juni blieb jedoch immer noch als internationaler Kindertag bestehen. Beide Tage machen es sich zur Aufgabe für die Kinderrechte einzustehen. So heißt eines dieser Rechte auch: „Kinder haben ein Recht auf Freizeit und Beteiligung am kulturellen und künstlerischen Leben“. Dazu gehört auch die Möglichkeitö eine Kindertagesstätte (kurz Kita) zu besuchen. Zwar wurde 2008 das Kinderförderungsgesetz verabschiedet, das jedem Kind unter drei Jahren einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz beginnend ab August 2013 verspricht, aber es wird immer ersichtlicher, dass dieses Versprechen, mal wieder, nicht gehalten werden kann. Laut dem Statistischen Bundesamt gibt es noch immer 220000 Plätze zu wenig. Allein in Berlin werden 15300 Kinder bis 2017 leer ausgehen. Doch wieso hat man es nach fünf Jahren noch nicht geschafft, genug Kita-Plätze für alle zu schaffen? Die Institutionen haben mittlerweile begonnen, sich gegenseitig die Schuld zu zuweisen. Wie immer, ganz vorne mit dabei: Familienministerin Kristina Schröder. Kommunen und Land seien für die Misere verantwortlich, nicht das Bundesfamilienministerium. So behauptete Schröder gegenüber dem ZDF, dass es Bundesmittel geben würde, aber die Länder diese schlicht und einfach nicht weitergereicht hätten. Ministeriumssprecher Christoph Steegman gab der Zeitung „neues deutschland“ bekannt, dass dem Bundesministerium der Bedarf nicht klar sei und reichte die Schuld an dieser Schlamperei prompt an die Kommunen weiter: „Die Kommunen melden entsprechende Zahlen nur einmal im Jahr und sind nicht bereit, dies öfter zu tun“. Wieder einmal tun Frau Schröder und ihr Ministerium genau das, was man von ihnen gewöhnt ist. Die Schuld auf andere schieben und die Fakten verdrehen. Fakt ist, dass auch den Kitas und deren Trägern, wie z.B. der AWO (Arbeiterwohlfahrt), nicht klar ist, wie hoch der zukünftige Bedarf sein wird. Zudem reichen auch die berühmten Bundesmittel, die Schröder im ZDF erwähnt hatte, vorne und hinten nicht aus. Laut eigenen Angaben des Bundes sind für den Ausbau der Kitas 5,4 Milliarden Euro bis 2014 vorgesehen. Das hört sich nach sehr viel an, ist es in der Relation dann aber nicht. Denn mit dem Anstieg des Platzbedarfs müssen die Tagesstätten aus- und umgebaut werden. Zudem wird mehr Personal gebraucht werden. Wolfgang Stadler, Bundesvorsitzender der AWO, rechnet mit dem zusätzlichen Bedarf von etwa 30000 Fachkräften. Seitens des Ministeriums ist man wohl nicht bereit, weitere Zugeständnisse zu machen. Deshalb leidet vor allem die Qualität der Kitas zunehmend darunter. Die Gruppen werden vergrößert, die Individualbetreuung geht mehr und mehr verloren. Zudem werde das Fachpersonal nicht erweitert. „Häufig schlagen Kommunen ungeeignete Räume zur Nutzung vor, etwa Mehrzweckhallen oder Container“, so Stadler weiter. Deshalb fordert die AWO nun „bundeseinheitliche Mindeststandards aufgrund pädagogischer Vorgaben“. Steegman konterte darauf, dass Kristina Schröder schon im Mai letzten Jahres einen 10-Punkte-Plan zum Kita-Ausbau vorgestellt habe, doch die Länder seien nicht bereit, ihre Kompetenzen an den Bund abzugeben. Die Folge all dieser Machtkämpfe ist, dass wieder einmal die Kinder und ihre Familien die Leidtragenden sind. Denn, wenn die Kitas in einem schlechten Zustand sind und qualitative Maßstäbe nicht erfüllen, schicken viele Eltern ihre Kinder nicht in eine Kita, sondern ein Elternteil bleibt dann zuhause, auch die, die es eigentlich gar nicht möchten. Dann hat Frau Schröder ihren sehnlichsten Wunsch erfüllt. Schließlich ist sie auch die Hauptverfechterin der Herdprämie.

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