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Landesverräter AfD?

Sinan Köylü

Nichts Besseres konnte den Parteien der sogenannten Mitte passieren, als ein rechtsradikaler,  dilettantischer Maximilian Krah, dem derzeitigen Spitzenkandidaten der AfD für die im Juni anstehenden Europawahlen. Der Vorwurf des Landesverrats steht im Raum. Verdacht auf Spionage für Peking und Moskau soll nun beweisen, dass es der AfD gar nicht ums eigene Vaterland geht.

Der Mitarbeiter von Maximilian Krah, Jian G. steht nach Berichten des sächsischen Verfassungsschutzes unter Verdacht, Spionage für die Volksrepublik China in Deutschland betrieben zu haben. Interessanterweise war dem Bundesnachrichtendienst und dem sächsischen Verfassungsschutz Jian G. schon seit 2007 bekannt gewesen. Man habe damals unter anderem durch den nun in Haft sitzenden Mitarbeiter Krahs Informationen über Aktivitäten Pekings gegen Oppositionelle in Deutschland erhalten. Handelt es sich bei Jian G. etwa um einen Doppelagenten?

Wer ist hier der Feind?

Für die Parteien der „Mitte“ und die Medien der „Mitte“ steht jedoch fest: die AfD ist das Gegenteil, für das sie sich bisher ausgegeben hat. Bei den Politikern der AfD handele es sich um „Vaterlandslose Gesellen“ und „Landesverräter“. Schließlich haben Spitzenkandidaten Krah und Petr Bystron Gelder aus Russland erhalten. Der Kreml habe nach einem Bericht des Spiegels zufolge bereits seit längerer Zeit eine Strategie entworfen, die AfD als ein zersetzendes Element zu benutzen, um die Innenpolitik der Bundesrepublik zu beeinflussen.

In der Bundesrepublik hat sich eine Atmosphäre breit gemacht, die wir für gewöhnlich in Kriegszeiten oder Kriegsvorbereitungszeiten beobachten können. Die äußeren Feinde müssen auf Abstand gehalten und die inneren Feinde bekämpft werden. Nur erleben wir diesmal eine ironische Auflage der Kampagne gegen die „Vaterlandslosen Gesellen“. Diesmal sind es keine Linken, sondern die „Patrioten“ rechts von der CDU, die der Kampagne scheinbar zum Opfer fallen. Die Einteilung in „Patrioten“ und Vaterlandsverräter ist dabei genau die Spaltung, die die AfD und rechts von ihr stehende Organisationen seit längerem forcieren. Die werktätige Bevölkerung Deutschlands soll hier nicht die eigenen Interessen nach gutem Lohn, guten Arbeits- und Lebensbedingungen erkennen, sondern sich in die „patriotische Front“ einreihen.

In Umfragen hat die AfD bereits zwei Prozentpunkte verloren. Für die Ampelparteien und die Union ist das also eine willkommene Gelegenheit den unliebsamen Konkurrenten zu schwächen. Auch wenn man ihn dafür von rechts überholen muss, indem man sich des Konkurrenten Trickkiste bedient.

Die Stimmungsmache gegen die „Vaterlandsverräter“ passt in das Bild eines zunehmenden Nationalismus. Hier geht es nicht nur um das Treffen in Potsdam Anfang diesen Jahres. Die harte Kante gegen Geflüchtete, um die herbeigeredete „Migrationskrise“ zu bekämpfen und das Gerede, den „Standort Deutschland“ zu schützen sind Methode, nicht nur von rechts, sondern von der Fortschrittskoalition höchstpersönlich.

Die AfD treibt bisher die Kräfte der „Mitte“ von rechts aus an. Die Gerichtsverfahren gegen den Faschisten Höcke und die Spionage-Vorwürfe gegen Krah und Bystron zeigen der Partei Grenzen auf, die sie in Zukunft respektieren muss, um eine politische und praktische Rolle im Land zu spielen. Für die junge Union ist die Nähe zu Russland das erste und eigentliche Hindernis einer Zusammenarbeit, was tief blicken lässt.

Hinterfragt wird bei der ganzen „Affäre“ nicht, inwiefern die Finanzierung von politischen Kräften durch das Ausland nicht zum Repertoire jedes Staates gehört, der die Mittel dazu hat. Beispielsweise wird die Unterstützung des mittlerweile verstorbenen russischen Oppositionellen Nawalny durch deutsche Politiker als ein Akt der notwendigen Demokratisierung Russland verstanden. Böse Zungen aus Russland könnten meinen, hier würden sich andere Staaten in die inneren Angelegenheiten der Russischen Föderation einmischen. Sie könnten Nawalny vorwerfen, Landesverrat zu betreiben, da dieser mit äußeren Feinden kooperierte.

Wer verrät wen?

Der Begriff Verrat ist sehr weitläufig. AfD Politiker sind nicht die ersten die „Landesverrat“ begehen.

Meistens geht es um selbst Bereicherung oder um politische Interessen. Was verraten wird und was davon wirklich relevant ist, bleibt meistens verschwommen. Zuweilen wird es nicht als Verrat angesehen, wenn Konzerne wegen Profitgier ihre Produktionsstätten ins Ausland verlagern oder mit für Normal-Bürger unvorstellbaren Tricks Steuergelder hinterziehen.  Die Wichtigkeit der Informationen, die Jian G. erhielt, um das „Vaterland“ zu verraten, sei zumindest infrage zu stellen. Auch die Gelder, die Krah und Bystron aus Russland erhalten haben sollen, werden wohl in ihrer Wirkung nicht die Interessen des „Vaterlandes“ vollumfänglich untergraben können.

Dass die AfD mit Nichten die Interessen der Deutschen vertritt, sondern mit Nationalismus und Polarisierung genau das Gegenteil macht, ist vielen Menschen klar. Problematisch wird es nur, wenn das alles darauf reduziert wird, als sei die AfD die einzige Partei, die das tue.

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