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Massenpsychologie, Terror und Einheit

A. Cihan SOYLU

In den letzten fünf Jahrzehnten ist wohl „Terror“ der Begriff, den die Herrschenden am häufigsten verwendeten. Das ständige Thematisieren des Terrorbegriffs durch die Vertreter des Staates, der Regierungen und des Kapitals ließ eine vielfältige psychopathische Situation entstehen und gehörte zu den Faktoren, die psychologische Probleme unter den Massen auslösen. Der Terror gehört inzwischen zu den Faktoren, die das Verhalten von Millionen beeinflussen – sowohl begrifflich, als auch inhaltlich.

In den letzten 14 Jahren entwickelten die Staats- und Regierungsführer die Methode weiter, das Land unter Terrorpropaganda mit dem eigenen Terror zu regieren. So war beispielsweise das „Sondersicherheitsgesetz“ ein Mittel, um alle für ihre Rechte eintretenden Gruppen zu terrorisieren. Die Polizeibefugnisse wurden damit ausgeweitet und Hunderte von Menschen getötet. Erdoğan persönlich drohte allen Sicherheitskräften, die von dieser Befugnis nicht ausgiebig Gebrauch machten. Während die ideologischen Gemeinsamkeiten mit dem „IS“ zu der allseits bekannten militärischen-praktischen Politik führten, schuf dieser mit seinen Selbstmordanschlägen ein gesellschaftliches Klima, bei dem sich die Menschen nicht trauen, für ihre Rechte zu kämpfen. Jeder misstraut jedem und fühlt sich überall und jederzeit bedroht.

Andererseits wurde die Bekämpfung jeglicher Proteste als „Kampf gegen den Terror“ lanciert. Ob das Vorgehen gegen die kurdische Bevölkerung oder gegen streikende Arbeiter – unter diesem Vorwand wurden mit brutaler Polizeigewalt Proteste niedergeschlagen. Diese Art des Regierens mit Terror führte zu einer Einschüchterung und zunehmend zu einer steigenden Unterstützung durch immer größere Bevölkerungsteile.

Allerdings führt die ständige Wiederholung durch Erdoğan und andere Sprecher der Herrschenden dazu, dass man sich bei den Massen immer mehr dem Sättigungsgrad nähert. Vor diesem Hintergrund kann in Zukunft einer der beiden folgenden Fälle eintreten: Entweder werden in dem anhaltenden Chaos die terrorisierten Massen die Oberhand gewinnen und alle Dämme brechen. Oder aber wird die Instrumentalisierung des Terrors, die nicht zuletzt durch die terroristischen Aktionen genährt wird, dazu führen, dass die gegeneinander ausgespielten Massen aufeinander losgehen.

Wie dieser Entwicklung zu entgegnen ist, liegt auf der Hand: es muss ein politischer „Befreiungsschlag“ erreicht werden, dem die tatsächlichen Interessen aller Bevölkerungsgruppen sowie sämtlicher Arbeiter unterschiedlicher Nationalitäten zugrunde gelegt werden. Und es muss dafür gesorgt werden, dass sich das erdenklich breiteste Spektrum an Kräften daran beteiligen. Das ist der einzige Ausweg, um die terroristische Politik der Herrschenden und die monopolistische Reaktion zurückzudrängen. Bisher gab es zahlreiche Anläufe dafür, die gescheitert sind. Um die Angriffe gegen Kurden beenden, die nationale Gleichberechtigung erreichen, den Abbau von Arbeiterrechten zurückdrängen und die Hindernisse vor der Presse- und Meinungsfreiheit beseitigen zu können, bedarf es einer wirksamen und breiten Einheit, eines Lagers, in dem breite Bevölkerungsgruppen zusammengeführt werden. Nur so kann man es schaffen, dass sich die Psychologie der Massen dahingehend ändert, dass sie sich von der Unterstützung der Reaktion loslösen. Sicherlich stärkt die Staatsführung die Verfolgung von Oppositionellen und Kritikern und den Staatsterror immer mehr. Sicherlich wird die Kontrolle der Staatsführung und der Medien immer mehr in die Hände einer Ein-Mann-Herrschaft übertragen. Aber eben deshalb ist es umso dringender, dass diese Einheit und der gemeinsame Kampf erreicht werden.

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