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Von Autos zum Krieg

Auf der Münchener Sicherheitskonferenz hat der Aufsichtsratsvorsitzende und Chef des Industrieverbands BDI und Aufsichtsratsvorsitzender des Maschinenbauunternehmens Trumpf, Peter Leibinger, eine Rede für mehr Aufrüstung gehalten. In der Rede, die vom Handelsblatt im Wortlaut veröffentlicht wurde, fordert er von deutschen Unternehmen eine weitere Zuwendung zu Rüstungsgütern. Entwicklungen in diese Richtung gibt es schon in der deutschen Industrie.

Demir Yildirim

In der sich zunehmend zuspitzenden internationalen Lage möchte Deutschland immer eigenständiger bzw. als führende Kraft der europäischen Union im Wettbewerb um Ressourcen und neue Märkte teilhaben. Das 100 Milliarden Paket, welches von der Ampelregierung für die Bundeswehr verabschiedet wurde, war ein Ausdruck dieses Wollens. Für Konzerne, wie Rheinmetall, bedeutet dies, einen Aktienkurs-Zuwachs von über 610 Prozent. Die kommende Bundesregierung wird den Kriegskurs noch weiter verschärfen. Jetzt schon stehen Forderungen im Raum, die weit über das Zwei Prozent Ziel der NATO für die Rüstung hinausgehen. Einige Teile der Politik fordern drei Prozent, andere fünf Prozent. Gleichzeitig veröffentlicht das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, dass 200.000 Jobs entstehen könnten, wenn Deutschland drei Prozent des BIP (Bruttoinlandsprodukt) für die Verteidigung bereitstellen würde.

Die Zuwendung deutscher Unternehmen hin zur Rüstungsproduktion findet damit schon längst statt. Still und ohne große Aufmerksamkeit wird in Teilen der Industrie von ziviler Produktion auf Kriegsproduktion umgestellt. So bereitet sich der Kölner Motorhersteller Deutz AG darauf vor, von Motoren für die Landwirtschaft auf Panzermotoren umzusteigen. Dies sei eine Maßnahme gegen die sinkenden Verkaufszahlen. »Es gibt einen großen Bedarf in den NATO-Ländern. Viele osteuropäische Bündnispartner verfügen noch über Fahrzeuge aus sowjetischer Produktion, für die es keine Ersatzteile mehr gibt oder wenn, dann nur in Russland und damit nicht mehr verfügbar« so der Chef der Deutz AG, Sebastian Schulte.

Ein weiteres Beispiel ist die Mayer Werft. Diese wurde im Herbst letzten Jahres vom Bund mit über 400 Millionen Euro und 40 Prozent Eigentumsanteilen „gerettet“. Doch der Bundesregierung geht es um mehr: Sollte sich die geopolitische Lage weiter verschärfen, könnte die Mayer Werft Marine-Schiffe produzieren. Bisher produziert die Mayer Werft vor allem Kreuzfahrtschiffe. Aus einem Gutachten der Beratungsfirma EY, welches der Neuer Osnabrücker Zeitung vorliegt, heißt es: „Zum einen könnten Schiffe in den großen Hallen unter Ausschluss der Öffentlichkeit gebaut werden. Zum anderen liege Papenburg im Gegensatz zu anderen deutschen Marinewerften außerhalb der Reichweite russischer Mittelstreckenraketen, die in Kaliningrad stationiert sind.“ Auch bei Volkswagen kamen im Zuge der Tarifeinigung immer wieder die Meldungen auf, dass anstatt Autos Rüstungsgüter produziert werden sollen. Ein weiteres Beispiel ist das Alstom Werk in Görlitz, welches geschlossen werden soll. Nun soll jedoch der Rüstungshersteller KDNS die Hallen übernehmen.

Sozialpartnerschaft setzt auf Krieg

Doch wie verhält sich die Gewerkschaft zu all diesen Entwicklungen? Entgegen jeglichen gewerkschaftlichen Beschlüssen befeuert vor allem die zuständige Gewerkschaft IG Metall den Kriegskurs der Wirtschaft. Das Papier „Souveränität und Resilienz sichern – Industriepolitische Leitlinien und Instrumente für eine zukunftsfähige Sicherheits- und Verteidigungsindustrie“ wurde gemeinsam mit dem Wirtschaftsforum der SPD und dem Arbeitgeberverband der Rüstungsindustrie BDSV veröffentlicht. Das Papier hebt hervor, dass die erhöhten Rüstungsausgaben dazu führen sollten, dass die deutsche Rüstungsindustrie weiter ausgebaut werde. Sie fordern vom Bund außerdem Abnahmesicherheiten. Dieser Position entgegen, stehen jegliche Beschlüsse der Gewerkschaft selbst. Denn diese haben, im Gegensatz zu dem, wie die Gewerkschaftsspitze handelt, beschlossen, dass sie eine Rüstungskonversion befürworten. Das bedeutet die Umwandlung der Rüstungsindustrie in eine zivile Industrie.

 

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