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Was bleibt von der USA-Reise zurück?

Yusuf KARATAŞ

Man kann sagen, dass bei der USA-Reise des türkischen Staatspräsidenten Erdoğan beide Seiten sichtlich bemüht waren, Entspannung in die seit langem angespannten Beziehungen zu bringen. Nach dem Gespräch im Weißen Haus brachte Trump seine „Bewunderung“ für den Gast zum Ausdruck. Sein türkischer Amtskollege sprach hingegen Trump mit „mein verehrter Freund“ an. Wenn man allerdings von diesen ausgetauschten Freundlichkeiten absieht, kann man sagen, dass die schwerwiegenden Probleme in den Beziehungen fortbesehen und man in den jeweiligen Ausschüssen nach entsprechenden Lösungen suchen wird.

Nach Angaben der US-Seite stellte die Krise um den Kauf und die Stationierung des russischen Flugabwehrsystems S-400 das wichtigste Gesprächsthema dar. So unterstrich Trump in der gemeinsamen Abschlusspressekonferenz erneut, diese Anschaffung stelle für die USA äußerst ernsthafte Schwierigkeiten dar: „Für Fortschritte in den anderen Bereichen ist die Lösung der Probleme hinsichtlich der S-400-Raketen essentiell.“ Auch in der schriftlichen Erklärung des Weißen Hauses wurde erneut auf diese Frage hingewiesen: „Um in den anderen Bereichen Fortschritte zu erzielen, müssen wir unsere Partnerschaft im Bereich Verteidigung verstärken. Themen, die die Anschaffung des russischen S-400-Luftabwehrsystems durch die Türkei betreffen, kommt in diesem Zusammenhang eine essentielle Bedeutung zu.“

Das zeigt also, dass die USA die Lösung der S-400-Krise als eine Voraussetzung für die „Normalisierung“ der Beziehungen ansehen. Nach ihrer Sicht stellt sie zugleich eine Voraussetzung dafür dar, dass die Türkei zurück zur US-NATO-Ausrichtung zurückgeholt werden kann. Denn die USA und Russland liefern sich einen erbitterten Kampf um die Vorherrschaft im Nahen Osten. Damit die USA vor allem ihre Strategie von der „Belagerung des Irans“ verwirklichen kann, ist sie auf eine Türkei angewiesen, die der US-Politik nicht zuwiderhandelt, was wiederum eine Minimierung ihrer militärischen Zusammenarbeit mit Russland erfordert. Aus dieser Warte kann man davon ausgehen, dass die endgültige Aufhebung der vom Repräsentantenhaus beschlossenen Sanktionen gegen die Türkei, die auch die Einfrierung des Vermögens von Erdoğan vorsehen, davon abhängen wird, ob die S-400-Krise gelöst und somit die Türkei in die US-Strategie für den Nahen Osten integriert werden kann.

Vor dem Hintergrund dieser Schwierigkeiten verbuchte der türkische Staatspräsident den „freundlichen“ Empfang als einen Erfolg für sich. Aus Erklärungen der türkischen Seite geht jedoch hervor, dass die Türkei in keinem Punkt die Zusage für die erwünschte US-Unterstützung erhalten hat.

So unterstrich Trump beispielsweise, die USA würden ihre Zusammenarbeit mit den Demokratischen Kräften Syriens (SDF) auch künftig fortsetzen. Er verwies auf ein jüngst geführtes Telefonat mit dem Generalkommandeur der SDF, Mazlum Kobané. Angesichts der Forderung der türkischen Delegation nach dessen Auslieferung dürfte diese Zusammenarbeit als eine schwere Niederlage empfunden werden.

Während des Besuchs beteuerte Erdoğan immer wieder, die Türkei bekämpfe nicht die Kurden, sondern die Terroristen. Allerdings dürfte er angesichts des türkischen Militärschlags gegen die Kurden in Syrien, die keine Bedrohung für die Türkei darstellen, und angesichts des rigorosen Vorgehens gegen die Kommunalpolitiker von der HDP in der Türkei mit seinen Beteuerungen keine erfolgreiche Überzeugungsarbeit geleistet haben.

Ein anderes wichtiges Thema betraf die syrischen Geflüchteten. Hier sagt Trump zwar eine größere Unterstützung zu. Allerdings traf er keine konkrete Zusage bezüglich der Forderung der Türkei, 1 Mio. syrische Geflüchtete in dem bei dem letzten Militärschlag eroberten Gebiet anzusiedeln.

Auch mit seiner Forderung, den in Pennsylvania lebenden Gülen auszuliefern, stieß Erdoğan auf taube Ohren. Der US-Präsident hielt es nicht einmal für nötig, auf diese Forderung einzugehen.

Erdoğan erklärte, die Türkei sei entschlossen, ein neues Kapitel in den türkisch-amerikanischen Beziehungen aufzuschlagen. Und er stellte den Kauf des US-Luftabwehrsystems Patriot sowie die Steigerung des Handelsvolumens auf 100 Mrd. Dollar in Aussicht. Diese Ankündigung lässt allerdings nur einen Erklärungsansatz zu: Seine an die türkische Bevölkerung gegebenen Versprechen, die Türkei werde sich vor keinerlei Druck aus dem Ausland beugen, werden angesichts dieser Zusagen als leere Propaganda entlarvt. Seine eigentlichen Schwierigkeiten werden kurzfristig darin liegen, diese Zugeständnisse an die USA einzuhalten und dabei Russland nicht vor den Kopf zu stoßen. Schließlich hängt die Fortsetzung des türkischen Militäreinsatzes in Syrien von einer reibungslosen Zusammenarbeit mit Russland ab.

Abschließend kann man festhalten, dass Erdoğan und seine Unterstützer die Rückreise aus den USA vor dem Hintergrund der Komplimente Trumps zufrieden angetreten haben mögen. Allerdings sind die Probleme in den bilateralen Beziehungen nicht beseitigt und die USA halten den Druck für eine Lösung in ihrem Sinne weiter aufrecht. Erdoğan wird weiter lavieren und versuchen, durch den Kauf der Luftabwehrsysteme aus Russland und den USA beide Seiten bei Laune zu halten. Seine Politik ist im Gegensatz zu der offiziellen Propaganda nicht auf die Beendigung der Abhängigkeit, sondern auf deren Verstärkung gerichtet. Die jüngsten Proteste im Irak und Libanon zeigen uns jedoch, dass unsere Rettung in der Notwendigkeit liegt, uns von dieser Abhängigkeit zu befreien.

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