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Türkei: Das Schicksal der Migranten: Zwischen Hass und billiger Arbeitskraft

Die Migrationspolitik der türkischen Regierung wird auf dem Rücken der türkeistämmigen und syrischen Arbeitskräfte ausgetragen. Nach Angriffen auf Häuser und Arbeitsplätze in den Wohnvierteln von Geflüchteten in der Stadt Kayseri, weiten sich die Vorfälle auf verschiedene andere Provinzen aus. In Hatay, Adana, Bursa, Antep, İstanbul, Konya, Urfa, Antalya und Kilis griffen Gruppen von jungen Männern Häuser und Arbeitsstätten in Ghettos an, in denen Geflüchtete leben. 

In Bursa versammelte sich eine Gruppe im Viertel Çarşamba und verprügelte wahllos Geflüchtete. Im Bezirk Kırıkhan in Hatay wurden einige Arbeitsplätze von Syrern in Brand gesetzt. Im Bezirk Serik in Antalya wurden Fahrzeuge von Syrern umgeworfen. Im Bezirk Seyhan in Adana fuhr eine Gruppe in einem Konvoi und skandierte Parolen, wie „Die Türkei ist türkisch und wird türkisch bleiben“, um „vor einer Überfremdung zu warnen“. Nach den Angriffen in Antep öffneten die Syrer am nächsten Tag ihre Geschäfte nicht. Dutzende von syrischen Geschäften wurden geplündert und in den sozialen Medien kursierten zahlreiche Videos, in denen Migranten verprügelt wurden.

Zeitgleich erklärte Innenminister Yerlikaya, dass 149 Organisatoren von Menschenhandel festgenommen und 42 von ihnen verhaftet wurden. Zudem seien 2.563 „irreguläre Migranten“ aufgegriffen worden.

Solche Angriffe sind nicht die ersten

Die Angriffe gegen Geflüchtete in Kayseri sind nicht die ersten. Bereits 2014 wurden zwei syrische Landarbeiter in Mersin Tarsus erstochen. 2019 griff eine Gruppe eine Pro-Geflüchteten-Demonstration im Saraçhane-Park an, um für die Rückführung von Migranten zu protestieren. Ein weiterer Lynchmord im Jahr 2019 war ein Versuch im Viertel Ikitelli. 2021 wurden drei Arbeiter in ihrem Haus in Izmir verbrannt und der Täter erklärte, er wolle das Land von Migranten „säubern“. Ebenfalls 2021 kam es in Ankara zu einer Schlägerei, bei der ein 18-jähriger junger Mann ums Leben kam, sowie zu tagelangen Angriffen auf Häuser und Geschäfte von Syrern.

Zwischen Gefängnis und Sklavenmarkt

Nach offiziellen Angaben gibt es in der Türkei 1,1 Millionen Migranten mit Aufenthaltsgenehmigungen und 3,1 Millionen Syrer haben zusätzlich einen vorübergehenden Schutzstatus. Inoffiziellen Angaben zufolge gibt es mehr als 6 Millionen Migranten, davon vier Millionen Syrer. Geflüchtete machen etwa 7 Prozent der türkischen Bevölkerung aus. Die Migrationspolitik der Türkei, die vor allem auf der Nachfrage nach billigen Arbeitskräften beruht, ist darauf ausgerichtet, soziale Reaktionen zu „unterdrücken“.

Um zu verhindern, dass die Massenmigration Europa erreicht, hat die EU die Türkei in ein Freiluftgefängnis für Migranten verwandelt. Ein Rückübernahmeabkommen mit der Türkei verpflichtet das Land, Migranten „zurückzunehmen“. Dafür erhielt die Türkei 6 Milliarden Euro an finanzieller Unterstützung von der EU. Für den Zeitraum 2021-2027 erhält die Türkei 9,8 Milliarden Euro im Rahmen des Finanzierungsprogramms für Asyl und Migration der EU. Die Fazilität für Geflüchtete und Aufnahmegemeinschaften stellte zusätzlich 6 Milliarden Euro bereit. Für 2024 wurden weitere 1 Milliarde Euro zugesagt.

Die Türkei macht keine konkreten Angaben darüber, wie die von der EU zur Verfügung gestellten Milliarden Euro verwendet werden. EU-Prüfer sagen, dass sie nicht feststellen können, ob die Mittel einen Einfluss auf die Hilfe für syrische Geflüchtete hatten. Der Europäische Rechnungshof berichtete auch, dass das Ministerium für nationale Bildung sich weigerte, Informationen über die Projekte zu liefern.

Nach Angaben des Ministeriums für Arbeit und soziale Sicherheit beläuft sich die Gesamtzahl der Migranten, die in der Türkei eine Arbeitserlaubnis erhalten haben, auf 168.103, davon 91.500 Syrer.

Wenn die Regierungspolitik, die in Geflüchteten eine Garantie für EU-Gelder und billige Arbeitskräfte sieht, mit der Darstellung von Oppositionsparteien, wie der CHP, von Geflüchteten als Quelle wirtschaftlicher Probleme kombiniert wird, sind rassistische Reaktionen unvermeidlich.

Bedarf an Arbeitskräften

Im Vorfeld der Parlamentswahlen 2023 begann sich der Widerspruch zwischen der Nachfrage des Kapitals nach billigen Arbeitskräften und der gesellschaftlichen Reaktion zu verdeutlichen. Doch wie Außenminister Çavuşoğlu im Mai 2023 deutlich formulierte: „Es wäre nicht richtig, zu sagen, dass wir alle schicken werden. Es gibt einen Bedarf an Arbeitskräften in der Landwirtschaft und der Industrie.“ Das Hauptziel der EU ist, dass die Geflüchteten in der Türkei bleiben, während das Ziel der Türkei darin besteht, von diesen Krediten zu profitieren und die Quelle billiger Arbeitskräfte für das türkische Kapital am Leben zu erhalten.

Die AKP schafft Bedingungen, Millionen von Geflüchteten in billigsten Arbeitsverhältnissen zu beschäftigen. Die Politik der Regierung hat zur Folge, dass die türkischen Arbeiter mit Schulden zu kämpfen haben und von Arbeitslosigkeit bedroht sind. In diesem Engpass nutzen die Unternehmer die syrischen Arbeiter als Druckmittel gegen die einheimischen Arbeiter. Die Erklärungen und Aktionen der Opposition schüren Hass und Polarisierung.

Die Politik der Regierung macht Türkeistämmige und syrische Geflüchtete mittellos

Prof. Didem Danış, Mitglied der Migration Research Association (GAR) und Dozentin für Soziologie an der Galatasaray Universität, bewertete den aktuellen Stand der Migrationspolitik: „Eine der Quellen des Problems ist das Versagen der politischen Macht, eine beruhigende Erklärung über die Anwesenheit von Migranten im Land abzugeben. Wenn dann noch die Wut über die Wirtschaftskrise hinzukommt, kommt es zu einer Reaktion, die bis zur physischen Gewalt reicht. Für Millionen von Syrern, die vor dem Krieg fliehen, ist dieses Land nicht mehr sicher. Viele von ihnen haben kein anderes Land, in das sie gehen könnten. All diese Ereignisse verstärken bei den Syrern das Gefühl, festzustecken und keine Zukunft zu haben. Ich befürchte, dass in der Türkei die Saat für eine Banlieujugend, ähnlich wie in Frankreich, gelegt wird.“

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