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Türkei: Arbeits- und Demokratiekräfte müssen ihre eigenen Alternativen schaffen

Eren Gültekin

Am 23. Mai fand unter dem Titel: „Die Türkei nach den Kommunalwahlen“ an der Philipps-Universität Marburg eine Informationsveranstaltung mit dem Journalisten Yusuf Karadaş von der türkischen Tageszeitung Evrensel statt.

Obwohl das die Kommunalwahlen bereits am 31. März stattgefunden haben, war das Interesse an der Veranstaltung hoch. Da die Kommunalwahlergebnisse in der Türkei, sowohl Auswirkungen auf das Land als auch auf die politischen Entwicklungen in der Region haben. In einem Land, wie der Türkei, in dem die Kriterien der bürgerlichen Demokratie nicht genauso funktionieren, wie beispielweise in Deutschland, ist dementsprechend der Einfluss der Kommunalwahlergebnisse nicht auf die zentrale Politik begrenzt. Für die Türkei, das von einem Ein-Mann-Regime regiert wird und in dem alle Arten von demokratischen Rechten und Freiheiten, insbesondere die Presse- und Organisationsfreiheit, bis aufs Mindestmaß eingeschränkt wurden, sind Kommunalwahlen jedoch von großer Bedeutung für den allgemeinen politischen Verlauf. Aus diesem Grund, sagte Karadaş: „traten eigentlich nicht die lokalen Kandidaten, sondern Erdoğan zur Wahl an, und Erdoğan war bei vielen Kundgebungen in den Städten der Redner“.

Auswirkungen auf die Außenpolitk

Die Wahlergebnisse haben die Erdoğan-Regierung, die bereits wirtschaftlich in einer schwierigen Lage ist und versucht, Kredite von westlichen Finanzzentren zu bekommen, auch politisch unter Druck gesetzt. Hierzu führte Karadaş aus und betonte: „Erdoğan konnte bisher bei seinen Treffen mit westlichen Mächten sagen, dass er die Unterstützung des Volkes hinter sich hat. Wir können bereits jetzt sagen, dass die westlichen Imperialisten die Erdoğan-Regierung weiter unter Druck setzen und sie dazu bringen werden, ihnen mehr Zugeständnisse zu machen.“ Dazu gab Karadaş ein weiteres Beispiel: „Erdoğan hat die NATO-Mitgliedschaft von Finnland und Schweden, die er zuvor als Trumpfkarte nutzen wollte, genehmigt. Im Gegenzug verkauften die USA Erdoğan neue F-16-Flugzeuge. Vor einigen Tagen unterzeichnete Erdoğan erneut auf Druck des US-Imperialismus einen 10-Jahres-Vertrag mit dem weltweit größten Energiekonzern ExxonMobil über die Lieferung von verflüssigtem Erdgas (LNG) als Ersatz für die Energie, die er zuvor aus Russland bezog.“

Die Gewinner der Kommunalwahlen CHP & YRP

Die Teilnehmenden der Veranstaltung waren auch gespannt auf die Antwort des Referenten bezüglich der Wahlgewinner CHP und der YRP. Dazu sagt der Referent, „auch wenn die CHP als stärkste Partei aus den letzten Kommunalwahlen hervorgegangen ist, erhebt die bürgerliche Opposition unter ihrer Führung keinen wesentlichen Einspruch gegen diese Politiken. Sie versucht, den westlichen Imperialisten zu zeigen, dass sie eine gefügigere Alternative zu Erdoğan ist.“ und zum Wahlerfolg der YRP (Yeniden Refah Partisi) fügte er hinzu, „Obwohl Erdoǧan im Inland harte Rhetorik gegen die anhaltende Besetzung und die Massaker Israels im Gazastreifen verwendet, bleibt er einer der wichtigsten Handelspartner Israels. Tatsächlich spielte die öffentliche Empörung über diese heuchlerische Haltung eine Rolle beim Wahlerfolg der YRP.“

Wie kommen wir zu einer demokratischeren Türkei?

Auf die Fragen der Teilnehmenden, die größtenteils drauf abzielte, was nun die Lösung für eine demokratischere Türkei sei führte der Journalist zum Schluss aus, dass „die Arbeiter- und Demokratiekräfte ihre eigenen Alternativen sowohl für den Kampf um ein menschenwürdiges Leben der Arbeiterklasse als auch für die Demokratie im Land und die Friedenspolitik in der Region selbst schaffen müssen. Bei den Parlamentswahlen davor wurde das Bündnis für „Arbeit und Freiheit“ zwischen der kurdischen Bewegung und den Arbeiter- und Demokratiekräften, den sozialistischen Parteien, gebildet. Auch wenn diese Allianz nicht den gewünschten Erfolg erzielt hat, ändert nichts an der Tatsache, dass eine solche Alternative für die Zukunft des Landes notwendig ist“.

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