„Der Islam gehört zu Deutschland.“ Das ist der einzige Satz, der von dem ehemaligen Bundespräsidenten Wulff übrig geblieben ist. Alles andere, sogar sein „Einsacken“, ist schon längst fast vergessen.
Und die Wirkung dieses Satzes war stark. Viele praktizierende und nichtpraktizierende Menschen mit muslimischen Wurzeln sahen sich in Deutschland angekommen und erwünscht. Endlich waren es keine Feindbilder, keine ausgrenzenden Worte, keine Integrationsverweigerungs- oder Terrorismus-Vorwürfe, die mit dem Wort Islam in einem Atemzug genannt wurden, sondern Menschen sahen sich anerkannt und zu Deutschland zugehörig. Zwar wurde die Integrationsdebatte auch zu der Zeit verschärft weitergeführt, aber dagegen sagt ja niemand etwas: Wenn die deutsche Gesellschaft ihre begangenen Fehler in diesem Punkt aufholen und die Vorteile, die Migration mit sich bringt, in ihrem vollen Potential ausschöpfen will, ist eine Integrationsdebatte unumgänglich.
Doch jetzt hat sich der neue Bundespräsident Joachim Gauck sich von der Einschätzung seines Vorgängers distanziert. Diesen Satz könne er so nicht übernehmen. „Aber seine Intention nehme ich an“, sagte Gauck. Wulff habe die Bürger auffordern wollen, sich der Wirklichkeit zu öffnen. „Und die Wirklichkeit ist, dass in diesem Lande viele Muslime leben. … Ich hätte einfach gesagt, die Muslime, die hier leben, gehören zu Deutschland.“
Im Vergleich mit dem Wulffschen Zitat ist das sicherlich ein Rückschritt, denn die islamische Kultur hat die westliche Kultur vor allem im Mittelalter stark geprägt. Doch wollen wir Gauck keine bösen Absichten unterstellen und erkennen in seiner „Korrektur“, dass er das Hauptaugenmerk auf den Menschen legt und nicht auf die Religion als Institution.
Es ist Fakt, dass muslimische Arbeiterinnen und Arbeiter seit über 50 Jahren zu diesem Land gehören. Daher ist es notwendiger denn je, diesen Menschen die Anerkennung zuzusprechen, die sie verdient haben. Wie Gauck zu der Integration steht und in den folgenden Amtsjahren als der oberste Vertreter dieses Landes die Richtung bestimmen wird, wird sich noch zeigen. Zu hoffen ist jedoch, dass er nicht unnötig Öl ins Feuer gießt und die Debatte in eine Sackgasse lenkt, aus der es kein Entrinnen mehr gibt. Das haben Islamhasser und Rassisten schon zu genüge getan und das letzte, was Deutschland braucht, ist, dass rassistischen Ideen und Meinungen noch mehr Raum zur Verfügung gestellt wird.