Ein Kommentar einer Schülerin aus Hessen
Der Gaza-Krieg, ein lang andauernder Konflikt im Nahen Osten, hat in den letzten Wochen erneut für Schlagzeilen gesorgt. Doch die Auswirkungen dieses Krieges sind nicht nur vor Ort spürbar, sondern betreffen auch junge Menschen in Deutschland. Schülerinnen und Schüler sind emotional und sozial von den Geschehnissen betroffen, und ihre Erfahrungen spiegeln die damit verbundenen Herausforderungen wider.
Es ist ein Morgen Mitte Oktober im Jahr 2023. Meine Mitschülerinnen und ich sitzen während einer Freistunde in der Schule und unterhalten uns. Irgendwann kommt die Frage auf: „Hey, wie stehst du zu der Lage in Palästina?“ Wir waren uns ziemlich einig, dass es zu einem Waffenstillstand und einer diplomatischen Lösung kommen muss. Von der anderen Seite des Tisches meldet sich Hatice: „Ihr wisst schon, dass wir im Unterricht darüber nicht sprechen dürfen. Die Lehrer würden uns als Antisemiten abstempeln, weil wir Südländerinnen sind.“
Ich gehe auf ein Gymnasium in Hessen, an dem etwa 80% der Schülerinnen und Schüler einen Migrationshintergrund haben. Oft erleben wir, dass uns Lehrkräfte, die keinen Migrationshintergrund haben, mit Vorurteilen begegnen. Die Aufgabe einer Lehrkraft ist es, Leistungen der Schülerinnen und Schüler möglichst objektiv einzuschätzen und sie demnach zu bewerten. Manchmal kommt es jedoch vor, dass Lehrer uns rassistisch behandeln und nicht objektiv beurteilen.
An meiner Schule war der Klassiker: „Das Abitur brauchst du nicht, mach lieber eine Ausbildung“, eine Aussage, die nie an unsere deutschen Mitschüler gerichtet wurde. Auch im Zusammenhang mit dem Krieg in Gaza wurden wir als Schülerschaft offensichtlich gespalten. Wer im Unterricht Solidarität mit Palästina gezeigt hat, bekam eine schlechtere mündliche Note, manche wurden sogar angeschrien oder als Hamas-Unterstützer bezeichnet.
In Hessen sind Lehrkräfte verpflichtet, auf Anweisung des Kultusministeriums Schüler, die sich kritisch zum Krieg im Gaza äußern, in ein Register für „Beobachtung von Terrorismus“ einzutragen. Dies wird den Schülerinnen und Schülern natürlich nicht mitgeteilt, und ist auch innerhalb der Schülerschaft kaum bekannt. Wer keine deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, was an meiner Schule oft der Fall ist, muss befürchten, diese in Zukunft deshalb nicht zu erhalten oder, mit den neuen Gesetzen der Bundesregierung, die Abschiebung zu riskieren und das Aufenthaltsrecht in Deutschland zu verlieren.
Die Schülervertretung an meiner Schule hat sich sehr bemüht, Solidarität mit den Kriegsopfern in Gaza zu zeigen, zum Beispiel durch Spendenkampagnen oder Gedenkminuten mit der gesamten Schülerschaft. Diese Aktionen wurden jedoch von der Schulleitung aktiv verhindert. Uns wurde von den Lehrkräften gesagt, die Schulleitung habe richtig gehandelt: „Schule sei kein politischer Ort“, obwohl wir eine demokratisch gewählte Schülervertretung haben. Die Schulleitung hat sogar Schilder in den Lehrerzimmern aufgehängt, die darauf hinweisen, worauf Lehrkräfte achten sollen, um bei Schülerinnen und Schülern einen Terrorismusverdacht festzustellen.
An diesem Fall erkennt man deutlich, dass die Schule von uns Schülerinnen nicht demokratisch mitgestaltet werden kann, obwohl sich alles grundlegend um uns, die Schülerschaft, dreht. Dennoch sollten wir uns nicht davon abhalten lassen, unsere Meinung und Bedürfnisse zu äußern. Sich mit der Situation zufriedenzugeben, würde sie nur weiter verschlechtern.