Dilan Baran
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und das Bündnis Sahra Wagenknecht betreten politisches Neuland: Seit dem 4. November verhandeln sie offiziell über die Bildung einer Koalition in Brandenburg. Das rot-lila Bündnis würde erstmals eine Regierungsbeteiligung der neuen Partei in Deutschland ermöglichen. Für die SPD gibt es kaum andere Regierungsoptionen: Sie hat nur mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht eine Mehrheit ohne die AfD.
BSW SETZT SICH IN BRANDEBURG DURCH
In ihrem Sondierungspapier haben beide Parteien vereinbart, dass sie sich auf Bundesebene und auf Ebene der Europäischen Union dafür einsetzen wollen, „eine diplomatische Lösung des Ukraine-Konflikts“ durch Verhandlungen mit dem Ziel von Waffenstillstand und dauerhaftem Frieden voranzutreiben. Die geplante Stationierung von Mittelstrecken- und Hyperschallraketen auf deutschem Boden sehen sie kritisch. Damit hat sich das BSW in dieser Frage durchgesetzt. Wagenknecht hatte schon vor den Wahlen deutlich gemacht, dass die Bedingungen für eine Koalitionspartnerschaft keine Unterstützung des Krieges in der Ukraine und die Ablehnung der von den USA geplanten Stationierung von Mittelstreckenraketen in Deutschland seien. Die Dominanz der SPD reißt dadurch weiter ein und die Fraktionierung innerhalb der Partei verstärkt sich. SPD-Außenpolitiker Michael Roth kritisierte das Sondierungspapier scharf und wirft der Brandenburger SPD einen Bruch mit der Politik des Bundeskanzlers vor.
Der Koalitionsvertrag in Brandenburg soll dieses Jahr stehen. Noch vor Weihnachten soll zudem der Ministerpräsident gewählt werden. Nach einer geltenden Frist muss bis spätestens Mitte Januar ein Ministerpräsident neu gewählt sein.
EINWÄNDE BEI VERHANDLUNGEN IN THÜRINGEN
Nach den Landtagswahlen im September kommt dem BSW nicht nur in Brandenburg, sondern auch Thüringen und Sachsen eine zentrale Rolle zu. In Sachsen verlaufen die Gespräche zwischen CDU, BSW und SPD jedoch nur schleppend; ein genauer Termin für den Start offizieller Koalitionsverhandlungen steht hier noch nicht fest. In Erfurt haben SPD, BSW und CDU ihre Verhandlungen aufgenommen.
In Thüringen enthielt der nach Verhandlungen mit CDU und SPD verkündete Koalitionsvertrag nicht direkt beide Bedingungen, zu Krieg und Mittelstreckenstationierung, sondern nur abstrakt die Aussage, dass der Krieg in der Ukraine durch Verhandlungen beendet werden müsse. Dafür gab es deutliche Kritik aus der eigenen Partei. Die thüringische BSW-Landeschefin Katja Wolf kündigte daraufhin an, diese Positionen in den Verhandlungen „weiter schärfen“ zu wollen.
KAUM SCHWERPUNKT AUF SOZIALES
Politisch haben die Landesregierungen allerdings keinen Einfluss auf das ausgehandelte Ende des Krieges in der Ukraine und die Stationierung von US-Langstreckenraketen in Deutschland. Selbst der Bundestag ist insbesondere in Bezug auf die US-Raketen übergangen worden. Die Einwände der Länder werden daher kaum etwas am Ergebnis ändern.
Inmitten dieser Diskussionen ist noch nicht klar, welche Politik das BSW in den Bundesländern in den Bereichen Soziales, Bildung und Gesundheit umsetzen wird. Wenn nicht ernsthafte Schritte auf der Grundlage der wirtschaftlich-sozialen Probleme unternommen werden, könnte die Tatsache, dass das BSW Koalitionspartner statt Opposition wird, zu einer Schwächung der Partei führen, wie dies bereits bei der Linkspartei geschehen ist. Dass diese Entwicklung der AfD nicht die Anhänger und Mitstreiter abgewinnen wird, zeichnet sich ab.