Dogus Birdal
Am 4. April wurde die NATO (North Atlantic Treaty Organization) 75 Jahre alt. Der erste NATO-Generalsekretär, Lord Hastings Lionel Ismay, brachte den Gründungszweck trocken auf den Punkt: Das Bündnis sei dazu da, „die Sowjetunion draußen, die Amerikaner drinnen und die Deutschen unten zu halten“.
Nach der Auflösung des Warschauer Pakts und der Sowjetunion 1991 blieb die NATO trotzdem erhalten. Die USA, die sich nun als einzige Weltmacht sahen, bezogen spätestens 1999 beim völkerrechtswidrigen Krieg gegen Jugoslawien, mit dem erstmals seit 1945 Grenzen in Europa mit Gewalt neu gezogen wurden, ihre Verbündeten direkt in ihre Feldzüge ein. Seit jenem Jahr ist die NATO ein Kriegsführungspakt und rüstet entsprechend auf. Ihre heute 32 Mitgliedstaaten gaben 2023 für Militär rund 1,3 Billionen US-Dollar aus, die USA davon rund 880 Milliarden Dollar (Russland etwa 85 Milliarden, China rund 230 Milliarden). Die USA unterhalten zudem bis zu 1.000 Militärbasen auf dem Globus und die NATO erhebt Anspruch auf militärische Einmischung im Indischen und im Pazifischen Ozean.
Expansion der NATO
In enger Zusammenarbeit mit der NATO und der EU-Militärunion bauen die USA ihre militärische Infrastruktur von der Arktis bis zum Schwarzen Meer aus, indem sie eigenständig oder vermittels der NATO neue Militärstützpunkte errichten. Die NATO expandiert durch neue Mitgliedstaaten in Europa weiter bis hin an die russische Grenze. Die jüngsten Beispiele sind Finnland und Schweden.
Die NATO (und über sie die USA) versucht, ihre politische Rolle und ihren Einfluss in verschiedenen multilateralen Organisationen und in der EU sowohl auf regionaler als auch auf internationaler Ebene zu stärken. Sie verlangt von den Mitgliedstaaten zunehmend, ihre Außenpolitik zu koordinieren und eine globale Ausrichtung zu entwickeln, was sich im Krieg in der Ukraine bemerkbar macht.
Deutsche Brigade in Litauen
Im Zuge dieser „globalen Ausrichtung“ ist vom Flughafen Berlin Brandenburg ein Vorauskommando zur Vorbereitung des Einsatzes einer deutschen Brigade der Bundeswehr in Litauen abgeflogen. Rund 20 Bundeswehrsoldaten, die von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius verabschiedet wurden, werden den Einsatz einer Brigade in Litauen vorbereiten.
Angesichts der Spannungen mit Russland soll die Brigade 2025 offiziell in Dienst gestellt werden und bis Ende 2027 einsatzbereit sein. Pistorius wies auch auf die Arbeiten hin, die vor Ort zu erledigen sind, wie etwa die Unterbringung der Soldaten, und erklärte, man werde alles tun, um die Brigade angemessen auszustatten.
Die angestrebte Größe der Brigade soll 4.800 Soldaten und rund 200 zivile Angehörige der Bundeswehr und andere Mitarbeiter umfassen. Der dauerhafte Einsatz einer Brigade in Litauen ist ein Novum in der Geschichte der Bundeswehr – noch nie waren so viele Soldaten dauerhaft im Ausland stationiert.
Die Entsendung einer ständigen Brigade bedeutet, dass Deutschland seine militärische Präsenz in den baltischen Staaten nun dauerhaft aufrechterhalten wird. Die monatlichen Kosten für die neue Brigade werden auf 30 Millionen Euro geschätzt. In Litauen fallen jedoch zusätzliche Kosten für Auslandszulagen, Transport und Versorgung an. Sie wird daher voraussichtlich mehr kosten als geplant, so dass das Verteidigungsministerium ein zusätzliches Budget benötigt.
Die Zahl der von Deutschland entsandten Soldaten ist im Vergleich zur litauischen Armee hoch. Litauen hat etwa 16.000 Soldaten, die zu den Landstreitkräften gehören. Das bedeutet, dass 30 Prozent der Landstreitkräfte aus deutschen Soldaten bestehen werden.