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Besatzung schafft neue Flucht

Wenn eigenen Wirtschafts- und Strategieinteressen dienlich, sind Menschen- und Völkerrecht für unsere Bundeskanzlerin sehr dehnbare Begriffe. Dabei fällt es ihr nicht mal schwer, diese als Erfolgsmodelle zu verkaufen.

Die Türkei überfällt und besetzt Nachbarländer, greift Zivilisten und Flüchtlinge an und führt in Syrien massive Vertreibungen durch, um durch eine eigene Siedlungspolitik eine ganze Region politisch unter eigene Kontrolle zu bringen. Und der Lohn unserer Kanzlerin ist die Aussicht auf Milliarden EU-Gelder.

Damit macht sich Merkel zur Komplizin dieser Politik, indem sie Hilfe für besetzte Gebiete anbietet und somit diese Besatzung legalisiert. „Die Hilfe für eine Besatzungsmacht in einem völkerrechtswidrig besetzten Gebiet ist nicht weniger ein Verbrechen als die Besetzung selbst!“ so die berechtigte Kritik an Merkels handeln.

Bei Merkel wird das beschönigt als die „Prüfung von finanziellen Hilfen für die Türkei für den Bau von Flüchtlingsunterkünften in Nordsyrien“. Die Türkei stehe vor einem „Riesenproblem“. Dabei wird die Neuansiedlung von arabischen und teilweise dschihadistischen Gruppierungen im kurdischen Gebiet von Nordsyrien schon seit Anbeginn der militärischen Aktionen als demografische Neuordnung einer ganzen Region kritisiert, auch von deutscher Seite. Salih Müslüm, Sprecher der kurdischen PYD, findet dazu glasklare Worte: „Hilfe leistet man nicht dem Aggressor, sondern den Opfern“.

Aber Merkel kann ihre Krokodilstränen – übrigens so „riesengroß“ wie die Geldbeutel der deutschen Rüstungskonzerne, die an dem Krieg verdienen- nicht unterdrücken: Im Angesicht der Lage der Flüchtlinge im Winter werde die Bundesregierung prüfen, ob man dies finanziell fördern könne. Die Umsiedlungen in der sogenannten „Sicherheitszone“ müssten mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk geklärt werden. Dass seit dem 9. Oktober, dem Einmarsch der Türkei in Rojava, mindestens 300.000 Menschen vertrieben wurden, ist keine Erwähnung wert.

Dabei weiß Merkel doch, dass jegliche Hilfe an die Türkei an islamistische Banden und Dschihadisten fließt. Und finanzielle Unterstützung kommt einer Anerkennung der Besatzung gleich. Dabei war es doch auch der wissenschaftliche Dienst des Bundestags, der die türkische Invasion als einen „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“, bezeichnet hat. Aber wem sagen wir das? Als wüsste Merkel das nicht selber besser. Es passte ihr und ihrer Wirtschaftsdelegation im Schlepptau in Istanbul besser in den Kram, die Türkei zu unterstützen, statt einen Konflikt mit ihr heraufzubeschwören und in der strategischen Neuordnung der Region vielleicht Einbußen zu verzeichnen. Alles halt Kalkül, aber brutaler und blutiger Art und solange das Blut nicht über die EU-Grenze fließt, kann die Tatsache, dass die Besatzung selber ein Fluchtgrund ist, unerwähnt bleiben.

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