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Das ist das Werk von Erdoğan und der AKP-Regierung

İHSAN ÇARALAN

Der Staatspräsident hat angekündigt, den im Parlament verabschiedeten Gesetzentwurf für eine Verfassungsänderung sofort absegnen und den Weg für das Referendum ebnen zu wollen. Viele haben bereits erklärt, wie sie dabei abstimmen wollen. Nach Ansicht der Gegner der Verfassungsänderung wird das Parlament entmachtet. Judikative, Exekutive und Legislative werden in die Hände eines Einzelnen, nämlich des “parteiischen Staatspräsidenten” gegeben. Man möchte also ein “Regime” installieren, bei dem der Staatspräsident als “Alleinherrscher” das Sagen hat und keinerlei Kontrolle untersteht. Die Gegner sind deshalb aufgefordert, im Einzelnen nachzuweisen, wie diese angestrebten Änderungen erreicht werden sollen.

Die Befürworter der Verfassungsänderung, also die AKP und die Kräfte hinter ihr argumentieren, dass mit dem neuen System die Stabilität erreicht, der Terror beendet und das Land stark gemacht werde. Dabei wird das Land seit 15 Jahren von dieser Partei regiert, die unter Führung von Erdoğan als Quasi-Alleinherrscher alle Vorhaben durchsetzen konnte. Deshalb stellen sich folgende Fragen:

– Was konnten die bisherigen AKP-Regierungen nicht durchsetzen und sehen sich deshalb gezwungen, das Land mit dem Präsidialsystem stark zu machen?

– Welche Vorhaben konnten die bisherigen AKP-Regierungen nicht durchsetzen und wurden daran gehindert, die Stabilität im Land zu erreichen?

– Welche Vorhaben konnten die bisherigen AKP-Regierungen nicht durchsetzen und wurden daran gehindert, den Terror zu besiegen?

– Wurde die Gülen-Bewegung in den Jusitz-, Sicherheits- und anderen staatlichen Behörden so stark, weil die Regierungen bürokratisch vorgingen, oder weil die AKP eine Koalition mit Gülen einging?

Erdoğan und die AKP können diese Fragen nicht beantworten. Was sie unter dem Strich machen, ist, dass sie eingestehen, in den letzten 15 Jahren im Hinblick auf Stabilität und Terrorbekämpfung nicht erfolgreich gewesen zu sein. Das bedeutet zugleich, dass die Propaganda von der starken, stabilen und im Kampf gegen den Terror erfolgreichen Türkei lediglich eine große Mär ist. Die AKP-Regierungen haben genau das Gegenteil erreicht. Der Umkehrschluss ihrer Propaganda, ohne den Wechsel zum Präsidialsystem würde das Land aufgeteilt und nicht aus den Fängen des Terrors und der Instabilität gerettet, bedeutet, dass sie eigentlich auf voller Linie gescheitert sind. Ihr Bild von einer Türkei, wie wir sie im Falle der Ablehnung des Präsidialsystems haben würden, ist das Werk von Erdoğan und der AKP. Beide mit mehr Macht auszustatten, würde dieses Scheitern zementieren.

Vor wenigen Tagen hatte der kasachische Staatspräsident angekündigt, sein Land werde das Präsidialsystem verlassen und zum parlamentarischen System wechseln. Diese Ankündigung müssten von Erdoğan und der AKP als eine Warnung aufgefasst werden.

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