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Eintritt untersagt!

Alev Bahadir
Die sexistischen Übergriffe auf mehrere Frauen in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof schlagen immer weitere Wellen. Jedoch sorgt die Aufregung über diese Gräueltaten nicht dafür, dass über die grundsätzliche Gleichbehandlung von Mann und Frau oder die Rolle der Frau im patriarchalischen Gesellschaftssystem diskutiert wird. Stattdessen wird so getan, als hätte es Sexismus in Deutschland vor der Ankunft der Geflüchteten überhaupt nicht gegeben. Daraus resultieren immer abstrusere Maßnahmen. So verbot die Stadt Bornheim, bei Bonn, am 15. Januar männlichen Geflüchteten über 18 Jahren den Zutritt zu einem lokalen Hallenbad. Zwar wurde das Verbot zwischenzeitlich wieder aufgehoben, doch sorgte eben jenes Verbot einerseits für breite Zustimmung, als auch für große Empörung. Mehrere Frauen hätten sich in den vergangenen Wochen über Belästigung seitens Geflüchteter, die das Hallenbad besuchten, beschwert. Deshalb erlies die Stadt dieses Verbot, das pauschal alle männlichen Geflüchteten in einen Topf wirft und sich wunderbar momentan vorherrschender Vorurteile bedient. Denn seit den Übergriffen an Silvester ist die Stimmung gegen Geflüchtete, sowie auch gegen hier ansässige Migranten, hoch angespannt. Am 16. Januar führte die Düsseldorfer Polizei eine Großrazzia in Bars, Cafes etc. in der Nähe des Hauptbahnhofes durch. Eine Gegend, in der vor allem Menschen, die aus Marokko stammen, verkehren. Laut Polizei war man auf der Suche nach Diebes- und Drogenringen. Die Taten der Silvesternacht hätten damit nichts zu tun gehabt. Sehr merkwürdig, schließlich wurde bei den Tätern immer von Männern, die aus Nordafrika stammen, gesprochen. Schlimm genug, dass männliche Geflüchtete nun unter Generalverdacht gestellt werden, Vergewaltiger und Diebe zu sein, so zeigt der Name, den die Polizei für die Analyse der Razzia wählte, den strukturell-rassistischen Grundtenor: Casablanca. Zur Erinnerung, die Sonderkommission des BKA, der die NSU Morde aufklären sollte, stattdessen aber lieber die Opfer beschuldigte, hieß „Bosporus“. Von den Vorurteilen, die seit Neujahr geschürt werden, profitiert vor allem die rechte Szene. So gründete sich jüngst eine selbsternannte „Bürgerwehr“, um am 10. Januar in Köln Migranten und Geflüchtete zu jagen. In einer gemeinsamen Erklärung, die Sexismus und Rassismus verurteilt, der DIDF-Jugend Köln, DGB Jugend Köln und SJD- die Falken Köln heißt es: „Am vergangenem Sonntag haben sich zahlreiche Menschen in Gruppen zusammen gerottet, nach derzeitigem Ermittlungstand Rocker, Türsteher und Hooligans, um Jagd auf Migrant_innen in Köln zu machen. Es wurden mehrere Menschen mit Migrationshintergund verletzt, einige wurden im Krankenhaus behandelt. Dass nach dem Naziaufmarsch am vergangenen Samstag auch noch sowas in unserer Stadt passiert, ist von uns Jugendlichen nicht zu dulden“. Dabei wurde noch einmal betont, dass Köln nicht „die Stadt der rechten Gesinnung, sondern die jedes Menschen, der sich hier wohl und zuhause fühlt“ sei. Die Übergriffe der Silvesternacht sind zu verurteilen und die Täter zu bestrafen, doch kann dieser Umstand nicht dazu dienen, den Nährboden für rechte Schläger oder rechtspopulistische Parteien zu stärken. Stattdessen sollte man sich grundsätzlich dem Sexismus in dieser Gesellschaft, der sicherlich nicht erst mit den Geflüchteten hierhergekommen ist, beschäftigen.

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