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Empathie und Solidarität mit der Demokratiebewegung schadet uns nicht!

In den letzten Monaten fanden auch in Deutschland viele Aktionen gegen und für Erdogan und seine AKP-Politik statt. Viele Deutsche sind verunsichert. Manche Auftritte und Aktionsformen geben dazu auch ein Anlass. Dennoch ist es wichtig, zu wissen, dass die Angriffe auf die Pressefreiheit, demokratische und Menschenrechte in der Türkei kein Ende nehmen. Im Gegenteil baut Erdogan seine Macht mit jedem Tag weiter aus und steuert auf seine Präsidialdemokratie zu. Und was sich Tausende von Kilometern von Deutschland entfernt abspielt, findet sich mitten in Deutschland wieder. Boykottaufrufe gegen vermeintliche PKK-Unterstützer oder Geschäfte, Unternehmen und Schulen, die der Gülenbewegung nahestehen sollen, sind keine Ausnahmen. Nun häufen sich auch Berichte über Prügeleien auf Schulhöfen, auf den Straßen und sogar auf dem Arbeitsplatz. Unter Türkeistämmigen sind die hochexplosiven Emotionen ein Pulverfass, das jede Sekunde zu explodieren droht.

Auf der einen Seite Erdogan-Anhänger, meist organisiert in der DITIB oder UETD, die sich als Opfer deutscher Innen- und Außenpolitik darstellen und Erdogans Propaganda von “Außenmächten, die die Türkei zerstören wollen” wortwörtlich nach Deutschland tragen und auf der anderen Seite Aleviten, Kurden und Linke, allesamt zu „Staatsfeinden“ erklärt, Opfer von Erdogans Hegemonialanspruch, die versuchen, auf die Probleme in der Türkei aufmerksam zu machen und sich mit den Menschen vor Ort zu solidarisieren.

Wie kommen die Proteste aber bei den Deutschen an, die sich mitten drin befinden und meist nicht verstehen, was da um sie herum passiert? Viele reagieren selber sehr „emotional“ und wollen am besten alle abschieben, weil sie befürchten, dass ferne Konflikte hierhin importiert würden. Der Zusammenhang ist aber klar: Es leben ca. 3 Millionen Türkeistämmige hier, viele von diesen haben noch Kontakte in die Türkei und wenn dort ein Reissack umfällt, merken sie es hier auch. Zunächst ist festzustellen, dass das, was im Nahen Osten und in der Türkei passiert, einen direkten Einfluss auf Deutschland hat und zum anderen hätte ein langfristiger Frieden und Demokratie in dieser Region durchaus auch für das Zusammenleben hier in Deutschland einen positiven Effekt. Daher würde etwas Empathie und Solidarität nicht zum Nachteil der Deutschen sein. Denn der Protest und die Solidarität mit den Kurden, mit der Arbeiterbewegung, mit Intellektuellen und Journalisten, die ihre Jobs und teilweise ihre Freiheit verloren haben und um ihr Leben fürchten, muss sicherlich anders bewertet werden, als die Liebesbekundungen zu Erdogan, der eigentlichen Ursache der Proteste und Soliaktionen in Deutschland.

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