Die Tarifverhandlungen für die rund 4,6 Millionen Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie sind Mitte September in die erste Runde gestartet. Die Gewerkschaft IG Metall hatte ihre Forderungen bereits im Sommer klar formuliert: eine tabellenwirksame Entgelterhöhung von 7 % bei einer Laufzeit von zwölf Monaten sowie eine Anhebung der Ausbildungsvergütung von 170 Euro im Monat. Angesichts der steigenden Lebenserhaltungskosten sind die Gewerkschaftsmitglieder entschlossen, die Löhne spürbar zu verbessen und den Reallohnverlust der letzten Jahre auszugleichen, vor allem, weil die letzten Jahre keine oder kaum spürbare tabellenwirksame Erhöhungen verhandelt wurden.
Die Arbeitgeberseite, vertreten durch den Arbeitgeberverband Gesamtmetall, argumentierte vorab hingegen, dass die wirtschaftlichen Bedingungen und zusätzlich der Strukturwandel im Industriesektor eine große Herausforderung für die Metallbranche darstellen und eine Erhöhung der Löhne nicht zulassen würden. Daher sprach sich der Arbeitgeberverband nach der Veröffentlichung der Forderung der IG Metall bereits im Sommer für eine Nullrunde aus. Die Arbeitgeberseite argumentierte, dass die geforderte prozentuale Erhöhung der Entgelte nicht zur konjunkturellen Lage passe. Das bedeutet, dass die Kolleginnen und Kollegen der Elektro- und Metallbranche verzichten und den Gürtel enger schnallen sollen. Doch von diesen Argumenten lassen sich die Kolleginnen und Kollegen nicht vor den Karren der Arbeitgeber spannen!
Kreative Aktionen bundesweit
Bereits vor Beginn der ersten Verhandlungen organisierten sich in den verschiedenen Tarifgebieten zahlreiche Metallerinnen und Metaller vor den Verhandlungsorten und ihren Fabriken. Von Nord bis Süd und von Ost bis West haben sich die Kolleginnen und Kollegen zum Auftakt zusammengeschlossen und gezeigt, dass sie geschlossen hinter ihren Forderungen stehen und dafür kämpfen werden.
In Hamburg zeigten die Metallerinnen und Metaller, dass sie „küstenweit streikbereit“ sind und zogen mit knapp 1.300 Menschen lautstark mit der Forderung durch die Straßen. In den Tarifgebieten Niedersachsen und Sachsen-Anhalt wurde die „Mission possible 7% und 170 für Azubis“ ausgerufen. In Potsdam zogen 1.500 Menschen mit einem großen Sparschwein durch die Straßen und stellten klar, dass sie von den erwirtschafteten Gewinnen der Unternehmen auch ihren Betrag verdient haben. In den IG Metall Bezirken Nordrhein-Westfalen und Mitte standen zahlreiche Kolleginnen und Kollegen mit Bannern und Plakaten, Trommeln und Trillerpfeifen vor dem Verhandlungsgebäude und zeigten, dass 7% mehr gerecht und notwendig sind, um die Lebenskosten zu decken und die Zukunft zu sichern. Da bei dieser Tarifrunde auch ein Augenmerk auf eine deutliche Erhöhung der Auszubildendenvergütung gelegt wird, war die Jugend bei dem Verhandlungsauftakten besonders präsent und überreichte symbolisch überdimensionale 170 Euroscheine. Dabei stellte die IG-Metall-Jugend klar, dass die Erhöhung dringend notwendig ist, um ein menschenwürdiges Leben überhaupt finanzieren zu können. Denn viele Auszubildende stehen vor der großen Herausforderung, sich keine Wohnung oder Essen leisten zu können. Ebenso setzten die Kolleginnen und Kollegen im Süden ein starkes Zeichen. Im München demonstrierten 5.000 Menschen für ihre Forderungen. Die IG-Metall-Jugend zog auch dort lautstark mit Einkaufswägen durch die Straßen und forderte „170 müssen her, sonst bleibt der Einkaufswagen leer“.
„Branche steckt in der Krise“
Trotz des starken Auftaktes der Gewerkschaft und der Kolleginnen und Kollegen bewegten sich die regionalen Arbeitgeberverbände in den Gesprächen nicht weit, sondern debattierten erstmal über die schwierige wirtschaftliche Lage. Von Seiten der IG Metall wurde in den Verhandlungen nochmal klar unterstrichen, dass eine Nullrunde, wie der Arbeitgeberverband angekündigt hatte, inakzeptabel ist. Wer sich das Verhältnis der Umsatzrendite im Vergleich anschaut, dann haben 2023 die börsennotierten Metall- und Elektrobetriebe einen durchschnittlichen Umsatz von 8,5 Prozent (Brutto) bzw. 6,1 Prozent (Netto) erwirtschaftet. Die Umsatzrendite zeigt an, wie hoch der Anteil des Gewinns ist. Allein VW (mit einer Netto-Umsatzrendite von 7%) fuhr 2023 Gewinne von 22,6 Mrd. Euro ein.
Noch ist es unklar, wie diese Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie ausgehen wird. Klar ist jedoch, dass die Beschäftigten hinter ihrer Forderung stehen und weiterhin bereit sein müssen, ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Die nächsten Verhandlungstermine sind Mitte Oktober angesetzt und auch dann müssen die Kolleginnen und Kollegen lautstark für ihre Forderungen einstehen. Denn der Inhalt des Einkaufswagens ist um 34% teurer, als im Vergleich zu 2021 und die Beschäftigten schaffen den Mehrwert, den sich Manager und Chefs privat aneignen.