Özgün Önal
Mit dem Start des neuen Bildungsjahres hat die OECD Anfang September in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie der Kultusministerkonferenz ihren Bericht „Bildung auf einen Blick 2024“ veröffentlicht. Dieser beleuchtet die zentralen Herausforderungen und Fortschritte des deutschen Bildungssystems. Ein zentrales Problem bleibt der hohe Anteil geringqualifizierter junger Erwachsener. Fast jeder siebte Deutsche im Alter von 25 bis 34 Jahren verfügt weder über eine abgeschlossene Berufsausbildung noch über einen akademischen Abschluss. Dies wirkt sich nicht nur negativ auf die individuellen Zukunftsperspektiven aus, sondern stellt auch eine Gefahr für die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands dar, wie die Studie aufzeigt. Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger unterstreicht die Notwendigkeit dringenden Handelns, um insbesondere die Fachkräftebasis zu stärken.
Nach wie vor beeinflusst die soziale Herkunft stark den Bildungserfolg in Deutschland. Das von der Bundesregierung geplante Startchancen-Programm soll hier Abhilfe schaffen, indem bis zu 4.000 Schulen in sozial benachteiligten Regionen gezielt gefördert werden. Ziel ist es, die Bildungsinfrastruktur zu verbessern, mehr Schulsozialarbeit zu ermöglichen und den Schulen zusätzliche Budgets für Förderprojekte zur Verfügung zu stellen.
Ein weiteres zentrales Thema ist die Weiterbildung von geringqualifizierten Erwachsenen. Die Nationale Weiterbildungsstrategie zielt darauf ab, Menschen ohne formelle Qualifikationen einen leichteren Zugang zu Weiterbildungsangeboten zu verschaffen. Dies soll nicht nur den Fachkräftemangel verringern, sondern auch individuelle Bildungswege eröffnen.
Besonders hervorgehoben wird in der Studie auch der Umgang des deutschen Bildungssystems mit Krisen wie der COVID-19-Pandemie und dem Ukraine-Krieg. Es gelang, mehr als 180.000 geflüchtete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine erfolgreich in das deutsche Schulsystem zu integrieren, was das Engagement von Schulen und Lehrkräften verdeutlicht. Gleichzeitig wurden Schwächen im Bildungssystem aufgezeigt, vor allem in Bezug auf die Digitalisierung und den Ausbau der Schulsozialarbeit.
Vor allem kritisiert die Studie nicht nur die unzureichenden Maßnahmen für einen fairen Zugang zur Bildung, sondern hebt hervor, dass das deutsche Bildungssystem noch immer nicht international wettbewerbsfähig genug ist, um langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Angesichts der maroden Schulen, der anspruchsvollen Unterrichtsinhalte sowie der fehlenden schulischen und außerschulischen Unterstützung, die für einen erfolgreichen Bildungsabschluss notwendig wären, erscheint es fragwürdig, den Fokus vorrangig auf das wirtschaftliche Wachstum der Bildungsträger zu legen. Stattdessen sollte die Förderung von Chancengleichheit und die Verbesserung der Bildungsinfrastruktur im Vordergrund stehen.