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Sauberkeit hat ihren Preis

Dirim Su Derventli

Wir wollen arbeiten!“, schallt es immer wieder durch Terminal C am Düsseldorfer Flughafen. Einige Passagiere laufen kopfschüttelnd an der Menschenmenge mit den neongelb-leuchtenden Warnwesten vorbei, andere filmen interessiert das Zusammenkommen von Reinigungskräften, Politik, Presse und Gewerkschaften.

Etwa 50 Reinigungskräfte haben sich zum Streik getroffen, unter ihnen sind überwiegend Frauen. Sie legten am Mittwochmorgen ihre Arbeit nieder und die gesamte Reinigung des Flughafens wurde ihrerseits abgebrochen. Alle 168 Angestellten der Reinigungsfirma KLÜH am Düsseldorfer Flughafen sollen zum 31.12. gekündigt und ab dem 1. Januar 2018 soll dann Personal der Reinigungsfirma Dr. Sasse AG eingesetzt werden.

Wer sind die Frauen von KLÜH?

Für viele Angestellte der Firma KLÜH bedeutet dies das Ende: Die meisten sind Frauen über 50, die seit über zehn Jahren bei KLÜH angestellt sind. Eine Kündigung würde dazu führen, dass sie ab dato nur noch schwer über die Runden kommen. Zum einen bietet KLÜH eine so magere Abfindung an, dass die Reinigungskräfte keinen Monat mit dem Geld auskommen würden. Zum anderen wird den Frauen jeglicher Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt durch eine Kündigung verwehrt, da sie vor allem durch ihr höheres Alter nicht mehr an Jobs herankommen werden.

Selma Inci arbeitet auch seit mehr als zehn Jahren am Düsseldorfer Flughafen als Reinigungskraft. „Wir haben hier Dreck weg gemacht, das kann man sich nicht vorstellen“, erzählt sie, „und jetzt werden wir wie Dreck behandelt.“ Kollegin Selma ist wütend – zurecht – denn auch sie weiß nicht, wie sie nach der Kündigung ihre Miete zahlen oder für ihre Familie sorgen soll. So wie Selma, sind fast alle der 168 gekündigten Kollegen Mütter und Väter, die auf sich zu Hause ihre Kinder warten haben. Ein Großteil von ihnen muss sich außerdem noch um pflegebedürftige Familienmitglieder kümmern oder ist außerdem alleinerziehend. Mit der Abfindung, die die Firma KLÜH anbietet, würde keiner von ihnen lange auskommen. Selma erzählt weiter, dass sie deshalb nicht für eine bessere Abfindung, sondern für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze kämpfen.

Solidarität und der Versuch, diese zu brechen

Der Streik wurde durch die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt Rheinland (IG BAU) initiiert. Die IG BAU forderte die Firma KLÜH auf, so viele Angestellte wie möglich weiter zu beschäftigten. Die Konsequenzen der Kündigung sollen außerdem in einem Sozialtarifvertrag abgefedert werden – vor allem durch „angemessene Abfindung“. Die Forderungen der IG BAU habe die Firma allerdings bisher komplett abgelehnt, kritisiert IG BAU Regionalleiter Holger Vermeer. „Damit hat KLÜH den Arbeitskampf voll und ganz selbst zu verantworten.“, so Kollege Holger weiter.

Während immer mehr Familienangehörige, Freunde und Bekannte auf den folgenden Streiktagen ihre Solidarität kundtun und an Protesten teilnehmen, setzt die Firma Dr. Sasse schon länger Streikbrecher ein, die die Reinigungsarbeiten fortsetzten. Doch die Bemühungen, die Streikenden in ihrem entschlossenen Kampf zu brechen und zu demotivieren, scheitern. Materialräume mit Putzutensilien wurden zwei Tage infolge besetzt und am Freitag (15.12.) entschied man sich dazu, den Arbeitskampf weiterzuführen.

Den Beschäftigten der Firma KLÜH winken nach dem Jobverlust keine Perspektiven mehr. Umso entschlossener sind sie, weiter hartnäckig zu bleiben und zu kämpfen. Die Passagiere fordert Kollegin Selman auf, viel Dreck zu verursachen, damit alle merken: Sie werden hier gebraucht.

Auch wenn der Vorarbeiter am Ende der Kundgebung provokativ am Fenster tanzte, um den ArbeiterInnen zu zeigen, dass die Unternehmensleitung sich von ihrer Aktion nicht beindrucken lassen würde, sind die KLÜH-Arbeiter entschlossen und brauchen Solidarität in ihrem berechtigten Kampf.

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