Im Zuge der zunehmenden imperialistischen Konkurrenz erhöht Deutschland seine Militärausgaben rasant und zwingt die Europäische Union, rund 970 Milliarden Euro für militärische Zwecke bereitzustellen. Dabei erleben Kapital und Arbeiterklasse in Deutschland derzeit zwei zentrale Entwicklungen gleichzeitig.
Erstens: Je mehr Geld in den Rüstungsetat fließt, desto stärker werden die Kürzungen in Bildung, Gesundheit und Sozialwesen. Bundeskanzler Friedrich Merz, der diese Entwicklung als „Herbst der Reformen“ bezeichnet, zögert nicht, zahlreiche bereits erkämpfte Rechte infrage zu stellen. Obwohl im Haushalt neue Schulden zugelassen werden, werden in vielen Bereichen weitere Einsparungen durchgesetzt.
Zweitens: Deutschland beansprucht zunehmend, die größte Armee und militärische Macht Europas zu werden. Seit einiger Zeit wird die Außenpolitik immer stärker militarisiert, und das Ziel, die mächtigste Streitkraft des Kontinents aufzubauen, soll nun Wirklichkeit werden. In jüngsten Beiträgen der deutschen Presse ist zu lesen, die USA wollten ihre militärische Präsenz in Europa reduzieren, um ihre Position gegenüber China zu festigen, während Deutschland im Gegenzug die „europäische Führungsrolle“ übernehmen solle. Dabei ist von einer Art „Arbeitsteilung“ die Rede.
Wie man es auch betrachtet – in beiden Fällen sind die eigentlichen Gewinner die Rüstungskonzerne. Seit Beginn des Ukrainekriegs haben deutsche Waffenkonzerne ihre Gewinne massiv gesteigert. Dank gigantischer Haushaltsmittel und neu aufgelegter Sonderfonds planen sie, ihre Produktionskapazitäten weiter auszubauen.
So bereiten sich viele Auto- und Zulieferbetriebe, die bisher nichts mit der Waffenproduktion zu tun hatten, nun darauf vor, in die Rüstungsfertigung einzusteigen oder ihre Fabriken entsprechend umzurüsten.
Wird die Zahl der Beschäftigten in der Rüstungsindustrie steigen?
Vertreter des Kapitals und einige Gewerkschafter argumentieren, der Produktionsrückgang – etwa in der Autoindustrie – könne durch eine Ausweitung der Waffenproduktion ausgeglichen werden. Sie versuchen daher, die Arbeiterinnen und Arbeiter mit dem Versprechen von „Beschäftigungssicherheit“ von der angeblichen Notwendigkeit steigender Rüstungsproduktion zu überzeugen.
Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums arbeiten derzeit etwa 105.000 Menschen in der Rüstungsindustrie. Der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) schätzt die Zahl inklusive der Zulieferketten auf rund 150.000. Allein Rheinmetall soll seine Belegschaft von 40.000 auf 70.000 erhöhen. Laut der Neuen Osnabrücker Zeitung ist die Zahl der Beschäftigten seit 2015 um rund 50 Prozent gestiegen. Rheinmetall-Chef Papperger erklärte im Handelsblatt, künftig könnten 500.000 bis 600.000 Menschen in der Rüstungsindustrie arbeiten.
Parallel dazu hat auch die Zahl der Stellenausschreibungen der Waffenhersteller zugenommen. Offenbar führen die neuen Großbestellungen der Bundeswehr – im Bestreben, „die größte Armee Europas“ zu werden – nicht nur zu steigenden Gewinnen der Konzerne, sondern auch zu einer erheblichen Ausweitung ihrer Produktionskapazitäten.
Auftragsvergabe nach Maß
In einem von der Bundeswehr erstellten und von der US-Nachrichtenseite Politico veröffentlichten 39-seitigen Beschaffungsdokument werden für das Haushaltsjahr 2026 rund 320 Einzelaufträge vorgeschlagen – im Gesamtwert von etwa 377 Milliarden Euro. Von diesen 320 Aufträgen ist bei 178 bereits festgelegt, an wen sie gehen. 160 Aufträge im Wert von 182 Milliarden Euro sind für deutsche Rüstungskonzerne vorgesehen, der größte Teil davon für Rheinmetall.
Rheinmetall und seine Tochterunternehmen erhalten 53 Aufträge im Gesamtwert von 88 Milliarden Euro – davon 32 Milliarden direkt, weitere 56 Milliarden über Beteiligungen und Gemeinschaftsunternehmen.
Am 5. November genehmigte der Haushaltsausschuss des Bundestags zudem ein Budget von 1,9 Milliarden Euro für 14 weitere Beschaffungsprojekte der Bundeswehr. Damit wurden allein in diesem Jahr bereits 57 Großprojekte parlamentarisch bewilligt.
Diese Aufträge machen deutlich, dass der Großteil des sogenannten „Verteidigungshaushalts“ letztlich in die Kassen von Rheinmetall fließt. Sie zeigen eindrücklich, wie dieser Konzern mit staatlicher Unterstützung wächst.
Ein ähnlicher Fall ist der deutsch-französische Panzerhersteller KNDS (ehemals Krauss-Maffei Wegmann). Die Bundeswehr plant, bis 2035 insgesamt 687 „Puma“-Panzer dieses Unternehmens zu kaufen – aktuell besitzt sie rund 350. Kürzlich wurden 50 weitere Panzer für etwa 1,5 Milliarden Euro bestellt.
Weitere Aufträge gingen an Hensoldt, Renk, MTU, Heckler & Koch und Jenoptik. Auch zahlreiche Autozulieferer wie Schaeffler AG oder Deutz beliefern inzwischen die Rüstungsindustrie und sichern sich so ihren Anteil am wachsenden Markt. Nach Rheinmetall ist Diehl Defence zum zweitgrößten Auftragnehmer der Bundeswehr aufgestiegen – mit 21 Aufträgen im Wert von 17,3 Milliarden Euro.
Auf der „Wunschliste“ der Bundeswehr stehen zudem 14 Luftabwehrsysteme für rund 3,2 Milliarden Euro sowie etwa 700 Raketen für eine Milliarde Euro.
Darüber hinaus sollen rund ein Dutzend unbemannter „Luna NG“-Drohnen für 1,6 Milliarden Euro angeschafft werden. Diese von Rheinmetall gefertigten Aufklärungsdrohnen sollen unter dem Namen HUSAR eingesetzt werden. Die Marine plant außerdem, mindestens vier Drohnen des Typs „uMAWS“ für etwa 675 Millionen Euro zu beschaffen.
Besonders auffällig auf der Wunschliste ist der Plan, im Rahmen des US-amerikanischen Militärverkaufsprogramms 15 F-35-Kampfjets von Lockheed Martin für rund 2,5 Milliarden Euro zu kaufen. Zudem sollen 400 Tomahawk-Block-Vb-Marschflugkörper (ca. 1,15 Mrd. €) und drei Typhon-Startsysteme (ca. 220 Mio. €) angeschafft werden. Damit würde Deutschland über Raketen mit einer Reichweite von 2.000 Kilometern verfügen.
Diese Entwicklungen und Aufträge zeigen, dass Deutschland seine militärische Schlagkraft massiv ausbauen will. Die Kosten dafür trägt die Bevölkerung, während die Regierung versucht, Kritik unter dem Vorwand der „Schaffung von Arbeitsplätzen“ zu beschwichtigen. Ähnliche Argumentationsmuster finden sich auch in der Diskussion um die Wiedereinführung der Wehrpflicht.
Die Geschichte zeigt, dass die Kosten von Krieg und Aufrüstung stets von der Arbeiterklasse und von unterdrückten Völkern getragen wurden – und sie zeigt es weiterhin. Deshalb wächst der Widerstand gegen die zunehmende Militarisierung und Kriegsvorbereitungen von Tag zu Tag.

