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Warum die Anzahl der Privatschulen in Deutschland wächst?

Maike Reichartz

Mittlerweile ist jede achte Schule in Deutschland in privater Hand – Tendenz steigt. Allein vom Schuljahr 13/14 bis zum Schuljahr 23/24 ist die Zahl der kirchlichen, reformpädagogischen und unternehmerischen Schulen von 3500 auf 3800 Einrichtungen gestiegen. Auch die Zahl der Privatschüler hat sich seit den 90-er-Jahren fast verdoppelt. Immer mehr Eltern wollen ihre Kinder auf Privatschulen schicken – in der Hoffnung, ihren Kindern einen Zugang zu guter Bildung zu ermöglichen.

Aber warum Privatschule?

Berichte über marode Schulgebäude, ständiger Unterrichtsausfall oder kaputte Heizungen in öffentlichen Schulen sind keine Einzelfälle. Dann wundert es auch nicht, dass Eltern nach alternativen Möglichkeiten suchen. Privatschulen beziehen neben öffentlichen Geldern, welche sie in die Sanierungsmaßnahmen der Schulen investieren können, auch über beispielsweise kirchliche oder private Gelder oder haben auch die Möglichkeit, Schulgeld zu verlangen. Die zusätzlichen Gelder helfen dabei, Lehrkräfte für sich zu gewinnen – auch wenn eine staatliche Schule aufgrund der besseren Bezahlung und Möglichkeit der Verbeamtung auf den ersten Blick attraktiv wirken, ist der Lehrkräftemangel an privaten Schulen nicht so hoch, wie an staatlichen Schulen. Es gibt zudem vermeintlich bessere Angebote der Weiterbildung und Möglichkeiten zur Neukonzeptionierung von Unterrichtseinheiten, neueste Endgeräte für die Digitalisierung der Schule und andere Lernmittel.

Vor allem profitiert das Modell Privatschule aber an den miserablen Zuständen an den staatlichen Schulen. Der mangelnde Wille des Staates, Lehrpersonal ordentlich auszubilden und dem Fachkräftemangel im Lehrkräftebereich entgegenzuwirken, vertiefen Probleme der schulischen Bildung. In den nächsten zehn Jahren werden mindestens 68.000 Lehrkräfte an öffentlichen Schulen fehlen. Statt diesen Mangel zu beheben und notwendiges Geld in die Aufwertung des Bildungssektors und der notwendigen Ausbildung von Lehrkräften zu stecken, setzen viele Landesregierungen und auch die Bundesregierung ihre Prioritäten woanders. Eine Verbesserung der Lage an den staatlichen Schulen ist also erstmal nicht in Sicht.

Bildung nur für die Besserverdiener-Kids

Wer seinem Kind also einen Platz in einer Privatschule ermöglichen möchte, muss dafür tief in die Tasche greifen. Nur knapp 22% aller Privatschulen bieten einen Schulplatz für unter 500 Euro jährlich, die Regelsätze hierzu sind jedoch meist deutlich höher. Insbesondere für Kinder aus Arbeiterfamilien ist es kaum möglich, dieses Schulgeld aufzubringen und die geringen ‚Stipendien‘, welche es für Schülerinnen und Schüler aus ‚Geringverdiener‘-Haushalten gibt, bieten keine wirkliche Entlastung.

Es geht ganz nach dem Prinzip: Wer Geld hat, dem wird Bildung gegeben. So verschärft sich die soziale Ungerechtigkeit im Bildungssystem weiter und der staatliche Anspruch, gute Bildungsbedingungen für alle Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen, bleibt weiterhin in großer Ferne.

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