Written by 16:00 DEUTSCH

„Vereint und selbstorganisiert agieren“

Ein Gespräch mit Tory Russell

Dilan Baran

Anfang Januar fand in Berlin die 19. Rosa-Luxemburg-Konferenz mit internationalen Gastrednern statt. Neben Karl Ghazi aus Frankreich, der über die Gelbwestenbewegung und Lea Tsemel, Rechtsanwältin aus Israel, die über den Widerstand der Palästinenser sprach, war Tory Russel aus den USA zu Gast und sprach über Widerstand gegen Polizeigewalt, Staatskorruption und Neokolonialismus in den USA und weltweit. Eine Woche nachdem Trubel konnten wir mit ihm sprechen. Der ehemalige Aktivist der Black Lives Matter Bewegung ist nun Teil einer jüngeren Organisierung, in dessen Zentrum die sozial-ökonomische Befreiung schwarzer unterdrückter Menschen weltweit steht. Russell ist 35 Jahre alt und lebt in St. Louis, Missouri, USA.

Du bist Aktivist der International Black Freedom Alliance (dt. Allianz Bewegung für eine schwarze Befreiung), die sich 2016 entwickelt und gewachsen ist. Seit wann bist du dabei und wofür kämpfst du?

Ich bin Gründungsmitglied der IBFA. Die Organisation startete in Konsequenz einer Pan-Afrikanischen Konferenz in Zambia 2016. Als ich zurück in den USA war, starteten wir mit rund 10 Personen aus den Staaten zusammen mit einigen in Menschen in Afrika die Bewegung.

Kannst du uns einen kurzen Abriss der Situation und größten Probleme schwarzer Menschen in Amerika geben?

Für viele schwarze Menschen sind die Probleme mehr systematischer Natur, als es für gewöhnlich im Fernsehen und im Diskurs gezeichnet  wird. Ich weiß, dass viele Menschen auf der Welt denken, unser größtes Problem liege in der Beziehung zur Polizei. Dabei ist es an erster Stelle ein sozial-ökonomisches Problem. Millionen schwarzer Menschen in den USA dürfen nicht wählen. Weitere  Millionen sind obdachlos und arbeitslos. Das macht uns zur ärmsten und sozial schwächsten Gruppe  der hier Lebenden. Das schürt wiederum Ablehnung und Distanz, Diskriminierung und rassistische Vorurteile und wann immer wir Widerstand leisten oder wenn auch nur Widerstand  vermutet wird, werden wir von der Polizei brutal angegangen. Nicht nur das: Wir werden auf offener Straße getötet.

Was sind eure größten Herausforderungen als Organisation/Bewegung und was sind eure Erfolge bisher?

Die größte Herausforderung der IBFA besteht darin, eine starke linke Bewegung der schwarzen Menschen der Arbeiterklasse zu organisieren. Viele denken vielleicht, dass die Black Lives Matter (Das Leben der Schwarzen zählt) Bewegung die entscheidende ist, aber ein Großteil der Schwarzen identifiziert sich wirklich nicht mit ihrer neoliberalen Agenda und Reformen. Unsere Aufgabe ist es deshalb, eine breite Bewegung von allen Generationen schwarzer Linker in einer Bewegung mit sozialistischer Agenda zusammenzubringen. Nur mit diesem Weg können wir eine neue Regierungsform entwickeln und integrieren, die für alle arbeitet.  Dabei ist es für uns Schwarze der Arbeiterklasse von entscheidender Bedeutung, dass wir vereint und selbstorganisiert agieren, um unsere eigene Haltung und Stellung zu erarbeiten und zum Ausdruck zu bringen. Dafür arbeiten wir sogar daran, uns unabhängig zu finanzieren.

Am 11. Januar warst du zu Gast auf der Rosa-Luxemburg Konferenz in Berlin und hast im Namen deiner Organisation eine Rede gehalten. Welche Erwartungen habt ihr an linke Kräfte Europas und was versprichst du dir von der Teilnahme an so einer Veranstaltung?

Ich habe die Einladung angenommen, nachdem wir über die Tradition und die Inhalte der Konferenz recherchiert hatten. Zunächst waren wir unschlüssig und natürlich wurde mir diese Frage auch von unserem Vorsitzenden gestellt. Er fragte, was wir von diesem Besuch hätten. Ich antwortete: Sichtbarkeit und Solidarität. Unser Kampf in den USA geht über die nationalen Grenzen hinaus. Er stellt nicht nur das System und Gerichte Amerikas in Frage, sondern berührt Fragen, die international von Bedeutung sind. Ich denke wir sind alle in unseren Kämpfen, von den Palästinensern bis hin zu den schwarzen Menschen des Westen auf die Solidarität und die vereinte globale Kraft der Arbeiterklasse angewiesen und sollten uns auch mit dieser Perspektive organisieren. Und das nich,t um in Berufung zu gehen mit den weißen Nationen, sondern für den Tag, an dem viele sozialistische Staaten der Welt zeigen können, was 10-20 sozialistische Nationen erreichen können, wenn wir zusammen arbeiten und zusammenhalten als selbstorganisierte arbeitergeführte Staaten.

Close