Written by 12:00 HABERLER

Verhandlungen statt Waffenlieferungen

Eine interessante Mischung aus Politikern, Kulturschaffenden, prominenten Würdenträgern und Menschen aus dem gesellschaftlichen Leben hat unter der Federführung der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und der als „Feministin“ geltenden Emma-Herausgeberin Alice Schwarzer am 10. Februar ein „Manifest für Frieden“ veröffentlicht, das mittlerweile (Stand 21.2.) knapp 580.000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner auf change.org erreichen konnte. Darin wird auf die Situation des Ukraine-Krieges aufmerksam gemacht und der deutsche Bundeskanzler aufgerufen, „die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen“. Aus der Erklärung entwickelte sich ein Aufruf zu einer Demonstration am 25. Februar nach Berlin und nach Köln, der in der Linken und in Medien kontrovers diskutiert wird.

Die Erklärung beginnt damit, dass im Ukraine-Krieg bisher „über 200.000 Soldaten und 50.000 Zivilisten getötet, Frauen vergewaltigt, Kinder verängstigt, ein ganzes Volk traumatisiert“ wurde. Weiter geht die Erklärung mit den Worten „die von Russland brutal überfallene ukrainische Bevölkerung braucht unsere Solidarität.“ Doch genau hier differenziert sich die Erklärung von den politischen Entwicklungen, in denen wir uns real befinden. Die Bundesregierung sprach jüngst davon, dass „wir“ einen „Krieg gegen Russland“ führen und beschloss Panzerlieferungen. Die Verfasserinnen der Erklärung sehen an der Kriegsbeteiligung und den Waffenlieferungen aus Deutschland nicht die Solidarität, die die Ukrainer brauchen, sondern eine weitere „Rutschbahn Richtung Weltkrieg und Atomkrieg“. Die Ukraine könne „gegen die größte Atommacht der Welt keinen Krieg gewinnen“, das sage sogar der höchste Militär der USA, General Milley. Die Verfasserinnen fordern deshalb Friedensverhandlungen und die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen. In der Erklärung heißt es weiter: „Verhandeln heißt nicht kapitulieren. Verhandeln heißt, Kompromisse machen, auf beiden Seiten. Mit dem Ziel, weitere Hunderttausende Tote und Schlimmeres zu verhindern.“

Kritik von der Regierung und der Opposition

Der Aufruf wird kontrovers diskutiert. CDU wie SPD werfen den Unterstützern des Aufrufs „Russlandnähe und Putin-Sympathien“ vor. Wagenknecht verheuchele die Tausenden ukrainischen Flüchtlinge, wenn sie die Kapitulation der Ukraine fordere. Verhandlungen würden nur Russland nützen und wenn Deutschland keine Waffen liefern würde, würde man die Ukrainer im Stich lassen. Auch die Partei Die Linke streitet sich derweil über den Aufruf. Der Bundesvorstand ruft explizit nicht zu der Kundgebung auf. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow distanzierte sich, genauso wie der Landesverband Berlin, während der Kreisverband Berlin-Mitte oder der bayerische Verband den Aufruf unterstützen. Als Grund für die Nichtteilnahme wird die mangelnde Abgrenzung nach rechts angegeben. Denn AfD und verschiedene rechte Strukturen rufen ebenfalls zur Teilnahme auf, obwohl Wagenknecht erklärte, „dass Rechtsextremisten, die in der Tradition eines Regimes stehen, das den schlimmsten Weltkrieg seit Menschheitsgedenken vom Zaun gebrochen hat, auf einer Friedensdemo nichts zu suchen haben, versteht sich von selbst.“ Als Reaktion auf die Aufrufe von Rechten, die Demo zu überschatten, rief Wagenknecht alle, die keine Rechten sind, zur Teilnahme an der Aktion auf. Wagenknecht erklärte, dass sie nicht zulassen werde, dass während der Demonstration rechtsextreme Parolen und Fahnen gezeigt werden.

Habermas: Verhandlungen statt Krieg
Der Philosoph Jürgen Habermas rief ebenfalls zu Verhandlungen auf. Der 93-jährige Habermas schrieb in der Süddeutschen Zeitung, es gebe nachvollziehbare Gründe für die militärische Hilfe des Westens für die Ukraine: „Aber sie bringt auch Verantwortung mit sich. Aus der Perspektive des Sieges um jeden Preis hat sich die Qualität unserer Waffenlieferungen so beschleunigt, dass sie uns an den Rand eines dritten Weltkrieges bringen könnte, ohne dass wir es merken“, warnte er.
Die Zweideutigkeit der Ziele der Ukraine und ihrer Befürworter sei das Hauptproblem der Debatte, so Habermas: „Ist das Ziel unserer Waffenlieferungen, sicherzustellen, dass die Ukraine den Krieg nicht ‚verliert‘ oder dass Russland keinen Sieg erringt?“


Aufruf der DIDF zur Teilnahme

In einer Erklärung hat die Föderation Demokratischer Arbeitervereine (DIDF) ebenfalls zur Teilnahme an den Demonstrationen in Berlin und Köln am 25. Februar aufgerufen. In der Erklärung wurden die folgenden Standpunkte zusammengefasst: „Seit Beginn des Krieges befinden sich die westlichen Imperialisten, insbesondere die USA, in einem Wettlauf um Waffenlieferungen an die Ukraine. Mit der jüngsten Entscheidung Deutschlands, Leopard-2-Panzer zu schicken, ist einmal mehr deutlich geworden, dass die NATO-Länder Teil dieses Krieges sind, auch wenn einzelne Länder dies leugnen. Dieser Krieg ist nicht nur ein Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, sondern auch ein Krieg zwischen den imperialistischen Mächten, die die Weltmärkte beherrschen wollen. Das ist der Hauptgrund, warum der Krieg, der auch durch die aggressive und expansionistische Politik der NATO Richtung Osteuropa entstanden ist, auch durch Waffenlieferungen ausgeweitet wird. Aus diesem Grund müssen die Waffenlieferungen sofort gestoppt werden.
Weder die NATO noch Russland kämpfen für „Demokratie“, „Menschenrechte“, „europäische Werte“, wie sie behaupten, sondern für die Interessen der Monopole und der Kapitalkräfte. Es sind nur die Reichen, die vom Krieg profitieren. Wir rufen deswegen alle dazu auf, sich an den Friedensdemonstrationen zu beteiligen und für Diplomatie und Verhandlungen einzustehen, statt für weitere Eskalation.“

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