Written by 10:00 DEUTSCH, TÜRKEI

Von der Inflation erdrückt: Widerstand gegen die Verelendung

In der Türkei bereiten die massive Inflation, der Reallohnverlust und der Mangel an Sozialhilfen den Menschen immer größere Existenzprobleme. In zahlreichen Städten gingen deshalb Arbeiterinnen und Arbeiter und Angestellte aus dem öffentlichen Dienst auf die Straßen oder legten die Arbeit nieder.

Sozialhilfe weit unter Inflationsrate

Laut den Daten der Unabhängigen Inflationsforschungsgruppe (ENAG) betrug die jährliche Inflation für 2024 83,4 %, laut der Handelskammer 55,2 % und laut dem TÜIK (Statistikinstitut der Türkei) 44,38 %. Trotz dieser Inflationsraten blieb die Erhöhung der Sozialhilfezahlungen bei lediglich 11,5 %. Außerdem wird im Haushaltsplan des Ministeriums für Familie und Sozialdienste für 2025 angestrebt, die Zahl der Bürgerinnen und Bürger, die Sozialhilfe erhalten, zu reduzieren. Während die Armut zunimmt, wird künftig weniger Menschen der Zugang zu Sozialhilfe ermöglicht.

Streiks und Proteste in Ankara

In Ankara legten Beschäftigte aus dem öffentlichen Dienst die Arbeit nieder und hielten vor verschiedenen Ministerien Kundgebungen ab. Sie betonten, dass der einzige Weg, sich gegen das kapitalistische System, das sie in Armut und Unsicherheit zwingt, zu wehren, ein stärkerer und gemeinsamer Kampf sei. Gewerkschaften wie KESK und Asim Sen protestierten vor dem Arbeits- und Sozialministerium, während andere Gewerkschaften vor dem Finanzministerium Stellung bezogen. Mit Slogans wie „Generalstreik, Generalwiderstand“ marschierten KESK-Mitglieder trotz Polizeibarrikaden zum Arbeitsministerium.

KESK Co-Vorsitzende Ayfer Koçak erklärte, dass die aufgrund der Inflation gesunkenen Gehälter der öffentlich Beschäftigten nicht einmal die Grundbedürfnisse decken würden. Sie forderte, dass die Gehälter der öffentlich Beschäftigten und der Mindestlohn über der Armutsgrenze festgelegt und die Gehaltserhöhungen an die tatsächliche Inflation angepasst werden sollten.

Der Vorsitzende von Asim Sen, Özgür Karaca, erklärte, dass die durchgeführte Lohnerhöhung einer Verhöhnung der Arbeiter gleichkomme, und betonte: „Das ist Respektlosigkeit gegenüber unserer harten Arbeit. Wir lehnen ein System ab, in dem Steuern von den Arbeitern eingezogen werden, während die Steuerschulden der Kapitalbesitzer erlassen werden. Wir fordern den echten Wert unserer Arbeit, ein menschenwürdiges Einkommen und ein gerechtes Steuersystem.“ Er betonte weiter, dass sich nach vielen Jahren erstmals Arbeiter aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen bei einer gemeinsamen Aktion versammelten, um ein wichtiges Kapitel in der Geschichte zu schreiben. „Diese historische Einheit ist einer der stärksten Schritte, um eine gerechtere Türkei der Zukunft zu schaffen. Gemeinsam sind wir stark, gemeinsam werden wir gewinnen“, erklärte Karaca.

Auch in Istanbul versammelten sich die öffentlichen Beschäftigten und marschierten zum Beyazıt-Platz, um eine Presseerklärung abzugeben. Vertreter der Gewerkschaften des DİSK sowie politische Parteien unterstützten den Streik, den die öffentlich Beschäftigten gegen die 11,54-prozentige Lohnerhöhung begonnen hatten. Sie forderten Lohnerhöhungen, die sich nicht an den Inflationsangaben des TÜİK, sondern an der tatsächlichen Inflation orientieren, die die Bevölkerung erlebt. Der Vorsitzende der EMEP (Partei der Arbeit), Seyit Aslan, erklärte: „Millionen von öffentlich Beschäftigten haben heute die Arbeit niedergelegt, um gegen die von der Ein-Mann-Regierung festgelegte Erhöhung von 11,54 % zu protestieren. Millionen von Mindestlohnempfängern wird ein Lohn unterhalb der Armutsgrenze aufgezwungen und Millionen von öffentlich Beschäftigten wird ein Elendslohn aufgezwungen. Angesichts einer Regierung, die den gesamten Reichtum dieses Landes dem Kapital verschleudert und für diese ausgibt, setzen Arbeiter und Beschäftigte ihren Kampf auf den Straßen fort. Gegen dieses Elend, die Politik der Unterdrückung und Gewalt sowie die eingesetzten Treuhänder wird der gemeinsame Kampf der Arbeiter und Beschäftigten den Sieg davontragen. Sie werden die Verantwortlichen für diese Armut und dieses Elend zur Rechenschaft ziehen.“

Auch in Corum, Ordu, Malatya, Sivas, Izmir, Dersim, Adana und in vielen weiteren Städten legten Beschäftigte ihre Arbeit nieder und protestierten gegen die Verelendung.

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