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Wahlen in Bayern und Hessen – die Rechten gewinnen

Alev Bahadir

Am 8. Oktober wurde gleich in zwei Bundesländern gewählt. In Bayern und Hessen gingen die deutschen Staatsbürger:innen an die Wahlurnen und entschieden, wer sie die kommenden fünf Jahren regieren wird. Was herausgekommen ist, ist einerseits die Abstrafung der Ampelregierung, aber auch ein deutlicher Trend nach Rechts.

Die Wahlergebnisse

Wenn wir die Wahlergebnisse betrachten, lässt sich in beiden Bundesländern ein ähnliches Bild zeichnen. Bei einer Wahlbeteiligung von 66 % heißen die Gewinner in Hessen ganz klar: CDU und AfD. Die CDU konnte um 7,6 % im Vergleich zur vorherigen Wahl im Jahr 2018 zulegen und ist jetzt mit 34,6 % eindeutig die stärkste Kraft im Parlament. Auf Platz zwei befindet sich nun die rechtsradikale AfD mit 18,4 %, das ist ein Wachstum von 5,3 % im Vergleich zu 2018. Verloren haben vor allem die Parteien, die sich in der Bundesregierung befinden. Die SPD hat 4,7 % weniger als letztes Mal und ist bei 15,1 %. Ähnlich viel haben die Grünen verloren: mit 5 % Verlust sind sie nun bei 14,8 %. Die FDP ist mit 5 % der Stimmen knapp am Rauswurf aus dem Parlament vorbeigeschlittert, 2018 hatte sie noch 7,5 %. Auch die LINKE gehört zu den großen Verlierern der Wahl, 3,1 % (ein Verlust von 3,2 %) ist sie nicht länger im hessischen Parlament vertreten.

In Bayern haben wir ähnliche Zahlen. Bei einer deutlich höheren Wahlbeteiligung als in Hessen, nämlich 73,3 % sind auch hier die Gewinner klar zu benennen: Die Freien Wähler mit 15,8 % (+4,2 % zu 2018) und die AfD mit 14,6 % (+4,4 %). Auch wenn die CSU in ihrem Heimatland 0,2 % verloren hat, bleibt sie mit 37 % stärkste Kraft. Die Ampelparteien haben auch hier verloren: die Grünen sind mit 14,4 % nur noch Vorletzter im Parlament (-3,2%), während die SPD mit 8,4 % (-1,3%) ganz hinten landet. Schlechter geht es nur noch der FDP, die 2,1 % verloren hat und somit nicht mehr bayerischen Landtag vertreten ist und der LINKEN, die mittlerweile nur noch bei 1,5 % und somit selbst hinter die ÖDP ist.

Die entscheidenden Themen bei der Wahl

Dass die Wahlergebnisse so sind, wie sie sind, ist einerseits der Entwicklung der Bundespolitik, aber auch gleichzeitig aktuellen Problemen und Diskussionen geschuldet. Von infratest dimap befragt, gaben 25 % der Teilnehmenden in Bayern an, dass für sie das wahlentscheidende Thema die „wirtschaftliche Entwicklung“ sei. Auch wenn die durchschnittliche Inflationsrate im September 2023 auf 4,5 % im Vergleich zu September 2022 gefallen ist, sind die Lebenshaltungskosten sehr hoch. Vor allem Lebensmittelpreise sind auf einem Rekordhoch, das nicht im Verhältnis zur Inflationsrate ist, denn hier ist die Inflation zwischen September 2022 und 2023 bei 7,5 %. Das liegt auch daran, dass mit Weizen oder Pflanzenöl an der Börse spekuliert wird, was den Preis immer höher treibt. Die zusätzlichen hohen Energiepreise belasten umso mehr. Besonders diejenigen, denen es ohnehin am schlechtesten geht, leiden am stärksten darunter. Daher ist es keine Überraschung, dass die Menschen, ein Zeichen gegen die Politik der Ampel, die mit Einmalhilfen und Sparmaßnahmen das Problem nicht verhindert, sogar befeuert, setzen wollen. Gewinner ist hier die Union, deren Wahlkampf vor allem daraus bestand, gegen die Ampel zu schießen. Wer von der CSU oder CDU eine Politik im Sinne der Werktätigen erwartet, wird bald enttäuscht werden. Das haben die letzten Jahre oft genug gezeigt.

Das zweite entscheidende Thema ist Migration. Auf Kosten von Geflüchteten betreiben sämtliche Parteien Populismus, wie wir bereits in der letzten Ausgabe erläutert hatten. Dass die AfD, die den Sündenbock den Migrant:innen zuspielt und sich als „Partei des kleinen Mannes“ ausgibt, hierbei gewinnt, macht deutlich, dass nicht nur die gesamte Diskussion verzerrt ist, sondern auch das linke Kräfte momentan vollkommen an den Menschen vorbeiziehen. Die Partei die LINKE ist schon lange für die Menschen keine ernsthafte Opposition in Sachen sozialer Gerechtigkeit mehr und wird dafür abgestraft. Alle anderen Parteien fahren auf dem rechten Zug mit, fordern „Integrationsgrenzen“ und verstärken die Zwietracht zwischen den Menschen nur noch mehr. Dabei wird die AfD die sozialen Probleme nicht anpacken, das zeigt ein Blick in ihr Wahlprogramm. So bezeichnet die AfD Bayern eben dort Mietpreisbremsen und Mietendeckel als „sozialistisch“ und lehnen diese ab. Nicht schlecht für ein Bundesland, das das teuerste Flächenland Deutschlands ist, was das Wohnen angeht. Solche Beispiele finden sich zu Hauf, doch hat es die AfD erneut geschafft, die echten Probleme, unter denen die Menschen leiden, für ihre rechte und rassistische Politik zu verdrehen.

Die Jugend ist davon nicht verschont

Für viele waren sowohl die U-18 Wahlen in Bayern, als auch die Analysen der Unter-30-Jährigen in den beiden Bundesländern ein Schock. Denn beide haben gezeigt: auch junge Menschen wählen verstärkt die AfD. Auch wenn die Jugend in vielerlei Hinsicht aktiv und fortschrittlich ist, sich gegen Rassismus und Klimawandel auf die Straßen stellt, ist sie nicht befreit von den Problemen unserer Zeit. Dazu zählt auch Armut. So ist jeder vierte Jugendliche (unter 25 Jahren) armutsgefährdet. Soziale Ängste gehen nicht an Jugendlichen vorbei. Sie merken es, wenn das Auszubildendengehalt für nichts mehr reicht oder sie nicht fürs Studium umziehen können, weil bezahlbarer Wohnraum einfach nicht vorhanden ist. Die Altparteien wirken für viele Jugendliche nicht echt. Innerhalb von einem Jahr haben z.B. die Grünen, die bisher noch eine der beliebtesten Parteien unter Jugendlichen waren, alles womit sie im Wahlkampf geworben haben, umgeworfen und sind eine offene Kriegspartei, die gleichzeitig die EU-Asylreform durchsetzt. Eine Reform, die das Recht auf Asyl nur noch weiter beschneiden wird. Die Enttäuschung und der Vertrauensverlust führt zur vermeintlichen „Alternative“ AfD, die sicherlich für viele eine Protestpartei ist.

Wenn etwas von den Landtagswahlen mitgenommen werden soll, dann müssen fortschrittliche Kräfte mehr denn je erkennen, dass unsere Arbeit sich erneuern muss. Ein großer Teil derjenigen, die rechte Parteien wählen, tun das nicht unbedingt, weil sie gefestigte Nazis sind. Wenn wir es schaffen, die soziale Ungerechtigkeit von fortschrittlicher Seite zu kritisieren und echte Proteste ins Leben zu rufen, werden sich die Menschen nicht länger fadenscheinigen „Protestparteien“ zugehörig fühlen.

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