Eklärung von Föderation Demokratischer Arbeitervereine (DİDF):
Seit Monaten drohte Erdogan damit, in Syrien einzumarschieren. Am 9. Oktober 16 Uhr Ortszeit fing die türkische Luftwaffe an, Ziele der kurdischen Miliz SDF (Demokratische Kräfte Syriens) in verschiedenen Städten zu bombardieren. Zwischen Euphrat und Tigris soll eine sogenannte Sicherheitszone von mindestens 30 Kilometern Breite und 480 Kilometer Länge entstehen. Erdogan sieht in der kurdischen YPG einen „Ableger der PKK“ und „eine Bedrohung für die Existenz der Türkei“ und plant, nach der „Befreiung“ zwei von mehr als vier Millionen meist arabischstämmigen syrischen Flüchtlinge, die sich in der Türkei aufhalten, in das Gebiet umzusiedeln. Das türkische Militär war in der Vergangenheit bereits schon zwei Mal in Rojava einmarschiert und hält seit 2018 die kurdische Region Afrin besetzt. Diesen dritten Einmarsch hatte Erdogan in der vergangenen Woche in der UN-Generalversammlung angekündigt und deutlich gemacht, dass er seinen Krieg gegen die Kurden fortführen wird. Erdogans Kriegspolitik bedeutet nicht nur unendliches Leid für die gesamte Region und der dort lebenden Völker, sondern wird die gesamte Region destabilisieren. Die Folgen dieses Krieges, wenn sie denn nicht umgehend gestoppt wird, werden katastrophal.
Seit Jahren kämpfen die YPG und YPJ erfolgreich gegen den IS. Sie haben über zehntausend Tote aus den eigenen Reihen zu beklagen und über mehr als 70.000 Kriegsveteranen zu verzeichnen. Sie beschützten die christlichen und jesidischen Minderheiten gegen den IS, befreiten ganze Städte von dem islamischen Terror und sie sind ein Garant für Sicherheit von Millionen von Menschen in der Region. Sie haben niemals weder direkt noch indirekt die Türkei bedroht oder kriegerische Handlungen gegenüber der Türkei weder ausgesprochen, noch durchgeführt. Der türkische Angriff ist völkerrechtswidrig und muss umgehend gestoppt, die Türkei völkerrechtlich belangt werden!
Warum führt Erdogan diesen Krieg?
Der türkische Präsident spricht immer wieder von Bedrohung und Terror aus der kurdischen Selbstverwalteten Autonomieregion Rojava, jedoch kann er keine Beweise erbringen. Es ist sogar das Gegenteil der Fall: Die Kurden haben erfolgreich gegen den IS gekämpft und die Region vom IS befreit. Erdogan hingegen hat diese islamistischen Kräfte unterstützt und mit denen kooperiert. Erdogan möchte seinem Anspruch, der Führer einer Großmacht in der Region zu sein, Geltung verschaffen. Dabei versucht er, die widersprüchlichen Interessen der Vereinigten Staaten und Russlands zu seinem Vorteil ausnutzen und parallel dazu die Flüchtlinge gegenüber Europa als Joker einsetzen möchte. Erdogan steht zu Zeit wirtschaftlich und innenpolitisch mit dem Rücken zur Wand und muss deswegen seinen Anhängern und Kritikern Erfolge präsentieren. Da auch Teile der Opposition in der Vergangenheit gegen jegliche kurdische Identität und Autonomie zu mobilisieren war, versucht Erdogan mit seinem Krieg die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich zu vereinen. Und natürlich geht es auch um wirtschaftliche Interessen. Dieses Gebiet ist zum einen die Kornkammer Syriens, ist Landwirtschaftlich sehr ertragreich, zum Anderen gibt es dort Erdöl.
Was macht der Westen, Europa und Russland?
Die USA haben sich aus der Region zurückgezogen. Somit haben sie Erdogan grünes Licht für den Einmarsch signalisiert. Trumps Drohungen gegen Erdogan sind auch eher dafür gedacht, eine innenpolitische Aussage, als eine ernst zunehmende Kritik bzw. Drohung gegenüber Erdogan. Russland verfolgt ebenfalls eine Politik, die den eigenen Interesse dienlich ist. Sein wahres Gesicht hat Russland bereits zur Zeit der Besetzung Afrins letztes Jahr gezeigt: Nämlich Rückendeckung für die Türkei. Auch Frankreich kündigte bereits an, das Militär aus der Region zurückzuziehen. Der deutsche Außenminister rief zwar zur Mäßigung auf, aber bekräftigt bei jeder Gelegenheit er, dass Deutschland die Partnerschaft mit der Türkei um jeden Preis halten werde. Auch Seehofer bekräftigte in seinem Besuch letzter Woche die Zusammenarbeit mit der Türkei und sagte finanzielle Hilfe zu. An Scheinheiligkeit ist diese ganze Show des Westens und Russlands nicht zu übertreffen.
Nun, letztlich geht es jedem von ihnen um die eigenen wirtschaftlichen, strategischen und politischen Interessen und Ziele. Da „bleibt“ wenig Spielraum für Völkerrecht, Menschenrechte oder Friedenspolitik.
Solidarität mit den Völkern in Rojava
Mit dem Einmarsch der Türkei wird die letzte halbwegs friedliche Region in dem Bürgerkriegsland destabilisiert. Dieser Krieg Erdogans kann verheerende Folgen haben, vor allem, wenn die 12000 IS-Kämpfer, die die Kurden gefangengenommen haben, fliehen können und sich neuformieren. Insbesondere aber für die Zivilbevölkerung in Rojava wird der Krieg schwere Folgen haben.
In diesem Sinne müssen wir als demokratische Öffentlichkeit Solidarität mit Rojava zeigen, in dem wir die Haltung der eigenen Regierung deutlich kritisieren und dagegen protestieren und die Bundesregierung auffordern, die Türkei weder politisch noch wirtschaftlich oder militärisch zu unterstützen. Nirgend und niemals wird der Frieden von denen da Oben gebracht, sondern durch die Solidarität und Zusammenhalt der Völker erkämpft. Stehen wir zusammen und geschlossen gegen die Kriegspolitik und Kriegstreiberei der Großmächte und für Frieden und Freiheit in Nordsyrien.
Solidarität mit dem kurdischen Volk und der Völker Nordsyriens!
Keine deutschen Waffen in die Türkei!
Sofortige Einfrierung der wirtschaftlichen Hilfen an die Türkei!
Verurteilung des türkischen Angriffs als völkerrechtswidrig und Verurteilung von Erdogan als Kriegstreiber!
Quelle: didf.de