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Die Wohnungsnot gefährdet das Leben in der Stadt

Sibel Atilgan

Die Wohnungsnot ist seit Jahren schon vorhanden und es hat sich bis jetzt fast nichts Positives entwickelt, keine Verbesserung und auch keine neuen Möglichkeiten für die Einwohner in vielen Großstädten. Nehmen wir das Beispiel München: Immer mehr Menschen ziehen nach München oder zumindest nehmen es sich viele vor, jedoch ist das mittlerweile fast unmöglich. Im reichen München geraten immer mehr Menschen in Wohnungsnot und die Mietpreise machen das bezahlbare Wohnen sehr schwer, durch die Privatisierung von Sozialwohnungen und die damit einhergehende Gentrifizierung ganzer Stadtviertel, was vor allem Schüler, Studierende oder sogar auch Berufstätige mit einem geringen Einkommen betrifft.

Die Lage auf dem Wohnungsmarkt verschärft sich in München immer weiter. Wann hat der „Kampf um Wohnraum“ eigentlich begonnen?

Die Knappheit an Wohnraum ist kein neues Phänomen. Seit Beginn der Moderne herrscht in den Metropolen Wohnungsnot. Infolge der Industrialisierung zogen die Menschen in die Städte, in denen es Arbeit gab. Die meisten kamen aus den unteren sozialen Schichten und konnten sich kaum ein Dach über dem Kopf leisten. Jedoch ist Wohnen ein existenzielles Bedürfnis. Das treibt in Ballungszentren die Mieten für alle in die Höhe, nur manche trifft es härter als andere.

Die Phasen des 20. Jahrhunderts, in denen es in einigen Wohlfahrtsstaaten ausreichend Wohnraum gab, waren politisch stark reguliert. Der Staat hatte in der alten Bundesrepublik massiv in den sozialen Wohnungsbau investiert, weil sie sich ansonsten ideologisch nicht hätte gegen die UdSSR halten können. Für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen gab es Zugang zu preisgebundenem Wohnraum. Von Obdachlosigkeit war eine Minderheit betroffen, von der sich die Mittelschicht distanzierte. Seit den 1990er-Jahren beobachten wir aber eine Zunahme von prekären Wohnverhältnissen – bis in die Mittelschicht hinein. Staatliche Interventionen in Form einer aktiven Wohnungspolitik haben seither deutlich abgenommen.

Dass sich die Lage spätestens seit der Wirtschaftskrise 2008 auch in Deutschland wieder verschärft, wollte die Politik lange nicht sehen. Um gegen diesen Zustand zu wirken, plädiert die Politik für mehr Neubau. Für das Vier – Jahresprogramm des Wohnungspakets Bayern wurden rund 2,6 Milliarden Euro bereitgestellt. Damit sollen bis 2019 insgesamt 28.000 neue staatlich finanzierte oder staatlich geförderte Wohnungen gebaut werden, um in ganz Bayern Wohnungen für Menschen mit geringerem Einkommen zur Verfügung zu stellen,wobei aktuell die Erstbezugsmieten bei unglaublichen 19,65€ pro m² liegen. Jede neugebaute Wohnung treibt den Mietspiegel weiter in die Höhe und gefährdet somit vor allem den noch bezahlbaren Altbestand an Wohnungen.

Die Mietpreisbremse, die einfach keine ist, obwohl für fünf Jahre grundsätzlich ein Verzicht auf Mieterhöhung beschlossen wurde. Ganz zu schweigen von den energetischen Modernisierungen, die lange als Einzelfälle verkannt nun wie ein Lauffeuer durch Münchens Gassen ziehen und bezahlbaren Wohnraum vernichten, da sie als Ausrede genutzt werden, um die Mieten in die Höhe zu treiben. Mit durchschnittlich 3 bis 5€ Mietsteigerung pro m², baumelt dieses Damoklesschwert über allen Mieterinnen und Mietern in München.

Um ein endgültiges Zeichen zu setzten und endlich für bezahlbare Wohnräume zu kämpfen, wurden am 15. September zwei große Demonstrationen in München organisiert. Die erste Demo fand unter dem Motto #ausspekuliert statt, zu der rund 100 Organisationen und Parteien im Vorfeld aufriefen und eine zweite Demonstration wurde von der ver.di-Jugend unter der Parole „Ohne Moos – Wohnungslos“ organisiert. Das Motto lehnt sich an die Kampagne der ver.di Jugend Bayern an. Beide Demonstrationszüge vereinten sich dann schließlich zu einer Abschlusskundgebung. Insgesamt nahmen über 10.000 Menschen an den Aktionen teil und die Versammlung verlief ohne Störungen. Dennoch war es irritierend, mit welcher Präsenz die Polizei insbesondere die Demonstration der Gewerkschaftsjugend filmte und mit dutzenden Dienstwägen, sowie dem USK auf beiden Seiten begleitete.

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