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Ein Hauch von Rassismus, das Bayerische Integrationsgesetz

Sinan Cokdegerli

Über 2000 Menschen gingen in München gegen das von der CSU–Landesregierung geplante sogenannte „Bayerische Integrationsgesetz“ auf die Straßen. Die Antwort der herrschenden Seite blieb bereits auf der Demonstration nicht aus, sie lautete Taschenkontrollen, Knüppel, Stiefel und Festnahmen.

Bereits vor Beginn der Demonstration waren die Fronten klar geworden, als die Polizei eine große Gruppe an Geflüchteten und Demonstranten in einem Kessel festhielt und Taschenkontrollen bei den rund Hundert Demoteilnehmern durchführte. Generell war die Polizei in voller Montur erschienen, was schon im Vorfeld der Versammlung auf die folgenden Gewaltausbrüche der Polizei hindeutete.

Die Truppen des Unterstützungskommandos (USK) sind nicht gerade dafür bekannt deeskalierend zu sein, sondern eher dafür, jegliche Form der Repression und polizeilicher Willkür einzusetzen. So liefen die Einsatztruppen während des gesamten Demonstrationszuges mit Kameras und in größeren Gruppen neben der Menschenmenge mit.

Integration im Namen, inhaltlich jedoch Repression und Rassismus

Neben vielen streitbaren Punkten sticht vor allem ein inhaltsloser Begriff im gesamten Gesetzestext heraus. Der Begriff der „Leitkultur“ wird im Gesetzesvorschlag zum politischen Mittelpunkt, wird jedoch nicht im geringsten erläutert.

Allein die Tatsache, dass Deutschland und auch Bayern, das trotz eigener Vorstellungen ein Teil dieses Landes ist, ein Ort ist, in dem viele Sprachen, Herkünfte, Religionen und auch Kulturen zusammenleben, macht den Begriff einer angeblichen „Leitkultur“ bereits zu einer Bedrohung für viele, welche dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht angehören dürften. Immerhin haben knapp 25 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen einen Migrationshintergrund.

Einem ersten Vorschlag nach sollen zum Beispiel Unternehmen eine finanzielle Unterstützung zur Durchführung von „Leitkulturkursen“ erhalten. Im Gesetzesentwurf beispielsweise heißt es dazu:„Der Staat fördert an der Leitkultur ausgerichtete Angebote“. Im Weiteren werden Unternehmen Ansprüche auf Fördermittel zugesprochen, sollten sie ihren Mitarbeitern Sprach – und Leitkulturprogramme bieten.

Jedoch reicht dies der CSU noch bei weitem nicht aus. Denn auch die Medien sollen sich der Leitkulturfessel gefügig machen. Weiter im Entwurf steht „Die Angebote in Rundfunk und Telemedien sollen einen Beitrag zur Vermittlung der deutschen Sprache und der Leitkultur leisten.“

Außerdem soll dem Entwurf nach die Staatsregierung dazu ermächtigt werden „durch Rechtsverordnung die Übernahme und Verteilung von Ausländerinnen und Ausländern sowie ihrer nachzugsberechtigten Familienangehörigen im Freistaat Bayern zu regeln“. Also im Endeffekt zu bestimmen, wer wo wohnen darf.

Statt einem Konzept des integrativen Miteinanders oder einem nahezu integrativen Vorhaben, werden also rechte Vorurteile bestätigt, Menschen als generell „nicht integrierbar“ hingestellt und mögliche Sanktionen aufgeführt, wie beispielsweise der Vorschlag, dass Geflüchtete, die den Sprachkurs nicht schaffen, die Kosten selbst übernehmen sollen.

Der Begriff einer „Leitkultur“ setzt kulturelle Vielfalt und alles kulturelle, das nicht in diesen Rahmen passt, herab. Der Entwurf ist zudem von der ersten Zeile an rassistisch aufgebaut. Allein die Überschrift des ersten Paragraphen „A) Problem“, erklärt den Zuzug der Geflüchteten nach Deutschland zu einer regelrechten Katastrophe, einem Problem, das gelöst werden müsse.

So wird Widerstand zur Pflicht

Das Vorhaben der CSU hat im Gegensatz zu früheren Phrasendrescherei jedoch den Unterschied, dass er nicht nur Geflüchtete sondern auch alle anderen Menschen in Bayern direkt betrifft. Auch deswegen traf sich ein breites Bündnis aus Parteien, Gewerkschaften, Vereinen und Flüchtlingsorganisationen um den Protest gegen das geplante Gesetzespaket zu organisieren.

Neben Vertretern der Gewerkschaften kamen beim Auftakt der Versammlung auch Redner verschiedener Migrantenorganisationen zu Wort und kritisierten den Gesetzesentwurf in ihren Beiträgen.

Während der Demonstration selbst stieg die polizeiliche Repression nach der Zündung bunter Pyrotechnik bis zu einem Punkt an, an dem es zur Einkesselung des letzten Blocks der Demonstration kam. Als die restlichen Teilnehmer sich mit den sich im Kessel befindenden solidarisierten, kam es zu Gewaltausbrüchen der USK, bei denen die Polizei mit Knüppeln und Stiefeln gegen Demonstranten vorging.

Rund eine Stunde lang ging die Polizei daraufhin gewaltsam gegen die Teilnehmer der Demonstration vor, bis am Ende einzelne Demonstranten verhaftet und viele weitere verletzt wurden.

In Anbetracht der Tatsache, dass im September 2017 Bundestagswahlen anstehen, ist nicht davon auszugehen, dass die CSU wesentliche Rückzüge antreten wird, was ihren Gesetzesentwurf betrifft. Auch wenn es fraglich ist, ob dieses Gesetzespaket überhaupt rechtskräftig ist, ist schon jetzt klar, dass damit rassistische Ressentiments und fremdenfeindliche Hetzkampagnen bekräftigt werden.

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