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Erdoǧan klagt erneut an

Gamze Karaca

Zum dritten Mal zeigt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoǧan einen prominenten Deutschen an. Nach Jan Böhmermann und Deniz Yücel, soll es nun dem FDP-Politiker und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki an den Kragen gehen. Abermals wegen Präsidentenbeleidigung.

Während eines Wahlkampfes in Hildesheim bezeichnete Kubicki den türkischen Präsidenten als ,,kleine Kanalratte“. Damit wollte er Erdoǧans Geflüchteten-Politik kritisieren. Kubicki gehe davon aus, dass der türkische Präsident jederzeit dafür sorgen könnte, Geflüchtete nach Europa zu lassen, wenn es seinen eigenen Interessen dient.

Jene Kritik ist nun nach hinten losgegangen. Über seinen Anwalt Mustafa Kaplan erstattete Erdogan Strafanzeige wegen Beleidigung und Verleumdung. Außerdem bestellte die türkische Regierung den deutschen Botschafter ein, um ihren Unmut zu äußern.

Kubicki nutzte laut eigenen Aussagen die Wortwahl als ,,Kompliment“ und sehe keinen Anlass, diese zu hinterfragen. Schließlich sei eine Kanalratte ,,ein kleines, niedliches, gleichwohl kluges und verschlagenes Wesen, weshalb sie auch in Kindergeschichten als Protagonistin auftritt („Kalle Kanalratte“, „Ratatouille“).‘‘

Kein überraschendes Verhalten

Es ist mittlerweile nichts Neues, dass Kubicki sich im Ton vergreift. So bezeichnete er den Vorsitzenden des Weltärztebundes als ,,Saddam Hussein der Ärzteschaft“ oder Karl Lauterbach als ,,Spacken“.

Dass der FDP-Politiker nun mit Erdoǧan auf keinen Politiker gestoßen ist, der bei derartigen Äußerungen Freudensprünge macht, dürfte auch für Kubicki eigentlich kein Geheimnis sein. Seit Beginn seiner Amtszeit hat Erdoǧan nahezu 200.000 Verfahren eingeleitet.

Wer im Glashaus sitzt….

Kubickis kalkulierter „Ausrutscher“ ist kein Stil der politischen Auseinandersetzung. Zumal sollte die Bundesregierung zuerst an die eigene Nase fassen, wenn es um Deals und Abmachungen mit diktatorischen Staaten geht. Es ist scheinheilig, auf der einen Seite wirtschaftliche und politische Beziehungen auszubauen und auf der anderen Seite solche verbalen Attacken zu äußern. Die andere Seite der Medaille ist, dass Erdoǧan selbst bereits einige Male austeilte. So warf er vor einigen Jahren Angela Merkel ,,Nazi-Methoden“ vor oder bezeichnete Deniz Yücel als ,,Agenten-Terroristen“. Weiterhin drohte er der berühmten türkischen Sängerin Sezen Aksu damit, ihr die Zunge herauszureißen, Demonstrantinnen der Gezi-Proteste betitelte er als ,,Schlampen“. In diesen Fällen ist die Justiz allerdings blind.

Im Falle von Kubicki allerdings stehen in der Türkei für das Wort ,,Kanalratte“ bis zu viereinhalb Jahre Haft. Reisen in die Türkei sollte er möglicherweise erst einmal vermeiden.

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