Written by 14:34 DEUTSCH

Es geht um alles

Hunderttausende auf den Straßen. Brennende Autos. Tränengas. Wasserwerfer. Das alles sind Bilder, die uns dieser Tage aus Frankreich erreichen. Die Wut der Bevölkerung über die Rentenreform entlädt sich in vollem Ausmaß. Eine berechtigte Wut, wenn wir die letzten Wochen betrachten.

Seit mehreren Monaten waren immer wieder Millionen Menschen auf den Straßen. Die großen Gewerkschaften hatten dazu aufgerufen, die Arbeit niederzulegen und dem waren zahlreiche Sektoren, vom Verkehr, über die Bildung, bis zur Müllentsorgung, gefolgt. Die Werktätigen machten, mit Unterstützung von jung bis alt, Kindergartenkind bis Rentner mit dem Generalstreik deutlich, dass sie die geplante Rentenreform der Regierung ablehnten. Diese sieht vor, dass das Renteneintrittsalter von 62 auf 64 Jahre angehoben wird. Bereits jetzt gehen doch die wenigsten bereits mit 62 in Rente, weil ihnen die notwendigen Einzahlungsjahre fehlen. Auch diese Jahre sollen mit der Rentenreform schneller angehoben werden können. Alles angeblich um die Rentenkasse zu entlasten. Nochmal zur Erinnerung: in der Rentenkasse zeichnet sich bis 2030 ein Defizit von 14 Milliarden Euro ab. Gleichzeitig kündigte Präsident Macron einen Tag nach dem Streiktag im Januar an, die Militärausgaben um ein Drittel auf 400 Milliarden bis 2030 zu erhöhen. Das Märchen von „es ist nicht genug Geld da“ glaubt also keiner mehr. Vielmehr geht es darum, die Menschen länger arbeiten zu lassen, damit sie länger Profit für Konzernchefs schaffen.

Die wahre „Katastrophe“ ereignete sich, als Macron und die Ministerpräsidentin Elisabeth Borne einen umstrittenen Verfassungsartikel nutzen, um das Gesetz am Parlament vorbei zu verabschieden. Artikel 49.3 ermöglicht es der Regierung, ein Gesetz, was Haushaltsfragen betrifft, ohne Zustimmung des Parlaments zu verabschieden. Dafür muss sie im Gegenzug Misstrauensanträge überstehen. Gesagt, getan. Zwei Misstrauensanträge hat die Regierung mit der Rentenreform knapp überstanden, das Gesetz gilt als beschlossen, muss nun im Verfassungsrat bestätigt werden.

Der Zorn über diese Vorgehensweise ist groß. Gegen den Willen der Bevölkerung und ohne die Zustimmung des Parlaments ein Gesetz zu erlassen, zeigt deutlich, wie es um die bürgerliche Demokratie bestellt ist. Die gleichen, die mit erhobenem Zeigefinger Demokratie predigen, hebeln diese kurzerhand mal aus, wenn es ihnen nicht passt. Die Bevölkerung reagiert mit Protesten, die Opposition hat Verfassungsbeschwerde angekündigt. Die Forderung nach einem Rücktritt Bornes werden immer lauter. Die Wut und die Proteste der Menschen in Frankreich werden nicht abnehmen, die Gewerkschaften haben zu weiteren Demonstrationen aufgerufen. Unsere Solidarität gilt den französischen Werktätigen, von denen wir lernen können, wie man für seine Rechte kämpft.

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