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Es gibt viele Gründe für den Unmut der Menschen!

Eren Gültekin

Die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der herrschenden Sozial-, Renten- und Arbeitspolitik ist keine Neuigkeit und reicht so weit, dass wir den starken Zuwachs der rechtspopulistischen AfD und die massenhaften Austritte aus der SPD und den Gewerkschaften mit unter damit erklären können. Eine „nationalkonservative“ und rassistische Partei, die sich innerhalb weniger Jahre in der Mitte der Gesellschaft verorten konnte und vorgibt, die Stimme des kleinen deutschen Mannes zu sein, auch wenn das ein Etikettenschwindel ist, nutzt diesen sozialen Abstieg der Menschen ziemlich geschickt aus.

Fakt ist: Laut einer aktuellen Studie des dimap-Instituts im Auftrag des ZDF sind für 83 Prozent der Menschen in Deutschland die Unterschiede zwischen Arm und Reich ein großes oder sehr großes Problem, 67 Prozent sehen die Unterschiede zwischen dem Islam und anderen Religionen als Problem an und für 62 Prozent sind die kulturellen Unterschiede zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft das entscheidende gesellschaftliche Problem.

Parteiübergreifende Spaltungs- und Abstiegsangst

Thematisiert wird die Spaltung zwischen Arm und Reich parteiübergreifend, geführt von der Linkspartei (97 % ) und gefolgt von den Anhängern der AfD (93%), der FDP (88 %), der Grünen (86 %), der SPD (80 %) und auch vom Großteil der Anhängerschaft der CDU (75 %). Auch Merkel thematisierte in ihrer ersten offiziellen Regierungserklärung die soziale Spaltung und zog für sich die Bilanz, unter ihrer Führung sei die Gesellschaft menschlicher geworden, Spaltungen und Polarisierungen seien verringert, vielleicht sogar ganz überwunden und der Zusammenhalt sei gewachsen. Ob sie wirklich und ernsthaft selber an solchen Unsinn glaubt, sei mal dahingestellt, aber wenn man bedenkt, dass vor allem unter ihrer Führung in verschiedenen Regierungskoalitionen die Arbeiter-, Frauen-, Rentner- Jugend- und Arbeitslosen-feindlichen neoliberalen Praktiken eben genau dazu geführt haben, dass die Schere zwischen Arm und Reich so groß wurde, zeugt von einer großen Realitäts- und Wahrnehmungsstörung. Deswegen sehen die Bürger nicht nur diese Entwicklungen, sondern auch die Neuauflage der neuen GroKo stark kritisch: Nur 32 % zeigen sich mit dem vierten Merkel-Kabinett zufrieden. Ende September 2017 bekam die alte GroKo 19 Prozentpunkte mehr Zustimmung. Das zeigt den Umfang der Unzufriedenheit und deutet jetzt schon darauf hin, dass diese Regierung nicht bis zum Ende der Legislaturperiode durchhalten wird.

Arbeit und Beschäftigungssicherheit

Es gibt viele Gründe für diese Entwicklungen. Die wichtigsten davon sind Arbeitslosigkeit und prekäre Arbeitsverhältnisse. Zeit-, Leih- und befristete Arbeit, Aufstockung trotz Vollbeschäftigung und Konkurrenz um sogar die schlecht bezahlten Jobs oder keine Übernahmegarantie nach Beendigung der Ausbildung nagen am Existenzminimum der Menschen und jegliche Perspektive auf eine angenehme Zukunft wird vernichtet. Auch für die lernende Jugend im Einzelnen sieht es nicht besser aus, denn die soziale Herkunft ist hier der Grundkern des Erfolges. Die Abbrecherquote von Studierenden liegt bei 29 % und bei Studierenden mit Migrationshintergrund sogar bei 43 %, überwiegend aufgrund der sozialen Herkunft. Daher ist es mehr als scheinheilig, wenn immer wieder betont wird, dass viel mehr Abiturienten im Anschluss studieren würden, als jemals zuvor, denn die Abbrecherquote ist auch höher als jemals zuvor. Es ist von der Politik und der Wirtschaft so gewollt, dass die Löhne nicht zum Überleben ausreichen, weil es nur so zu noch mehr Profit führen kann und es ist gewollt, dass Rentner sich bei Tafeln für abgelaufenes Essen anstellen müssen und die Ärmsten der Armen wegen ihrer ethnischen Herkunft gegeneinander ausgespielt werden. Denn wenn jeder immer nach unten tritt, wird nicht angetastet,was oben sitzt und genau zu dieser Misere führt!

Unbewusst, wie und warum es zu dieser Ungerechtigkeit kommt, versuchen sich alle soweit es geht, über Wasser zu halten. Und da kommt eine „Das-darf-man-doch-sagen-dürfen“-Partei wie die AfD recht, die von den wahren Ursachen ablenkt und statt die Verhältnisse umzukrempeln, „Andere“ und „Fremde“ an der Gesamtsituation beschuldigt. Dabei sitzen die Nutznießer in den Chefetagen und Aufsichtsräten der Konzerne.

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