Written by 09:24 DEUTSCH

Gemeinsame Front gegen Rassismus und soziale Spaltung

Özlem A. Demirel*, Ralf Michalowsky**

Nachdem in verschiedenen Ländern Europas in den vergangenen Jahren rechtspopulistische und rassistische Parteien immer stärker wurden, haben die vergangenen Landtagswahlen in BaWü, RLP und Sachsen Anhalt überdeutlich gemacht, dass diese Entwicklung nun auch in Deutschland ankommt. Das gute Abschneiden der AfD in allen drei Bundesländern muss zum Nachdenken führen.

Die AfD ist nicht nur rechtspopulistisch, sondern offen rassistisch und integriert einen stärker werdenden faschistischen Flügel in ihren Reihen. Auch wenn sie sich selber als bürgerlich-konservative Partei bezeichnet, schürt sie vorhandene Ängste und Vorurteile und kanalisiert den Unmut über die herrschende Politik in die falsche Richtung. Dennoch wurde sie auch gewählt, weil sie als Anti-Establishment wahrgenommen wurde. Dass sie dabei aber die herrschenden Verhältnisse keineswegs anprangert und nicht im Widerspruch zu den Eliten in diesem Land steht, scheint dabei ausgeblendet zu werden. Dabei wird die Wahl der AfD emotional als ein Protest gegen „die da oben“ dargestellt. Die AfD hat aber gar nichts gegen „die da oben“ auszusetzen, sondern kritisiert lediglich die Politik dafür, dass sie ihrer Meinung nach nicht im ausreichenden Maße „nach unten“ tritt.

Sie hetzt gegen die Schwächsten der Gesellschaft und spaltet entlang von nationalen und religiösen Grenzen. Sie hetzt gegen Geflüchtete und macht diese für die sozialen Schieflagen im Land verantwortlich. Dabei verschweigt sie gänzlich, dass es gerade auch deutsche Außen- und Wirtschaftspolitik ist, die Menschen aus anderen Ländern jegliche Lebensgrundlage entzieht.

Bislang hatte sie eher ein neoliberal geprägtes Programm und versuchte lange vorwiegend bürgerlich-konservative Mittelschichten anzusprechen und ihre Abstiegsängste aufzugreifen. Dabei scheinen auch rationale Argumente und Hinweise kein Gehör zu finden. Nun hat es die AfD bei den vergangenen Wahlen aber auch geschafft, Zuspruch aus Teilen der Lohnabhängigen für sich zu mobilisieren. Sie konnte erheblichen Zuwachs bei Erwerbslosen und unter der ArbeiterInnenschaft erreichen. Dies wird interne Debatten in der AfD über die bisherige Haltung in sozialen Fragen bestärken. So wird etwa die bisherige Ablehnung des Mindestlohns hörbarer kritisiert. Das wird den Charakter der AfD und die Gefahr, die von ihr ausgeht sicherlich verstärken.

Solange eine wirkliche Alternative von links nicht spürbar ist, wächst die Gefahr, dass die AfD mit einer neuen vermeintlich sozialen Agenda sich dauerhaft als politische Kraft in diesem Land halten kann oder gar noch stärker wird. Welche fatalen folgen das hätte, braucht man sich nicht ausmalen.

Bereits jetzt brennen immer mehr Flüchtlingsheime – nicht nur im Osten, wie immer suggeriert wird! Auch in Stadtteilen mit einem hohen Migrationsanteil, wie beispielsweise in Teilen von Mannheim schafft es die AfD hohe Wahlergebnisse zu erreichen.

Doch was ist unsere Antwort auf diese Entwicklung?

Seit Jahren stagnieren in Deutschland die Löhne und Renten, soziale Leistungen wurden gekürzt, Büchereien und Schwimmbäder geschlossen. Es fehlen bezahlbare Wohnungen. Es fehlen Kita-Plätze. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Das Vertrauen in die bürgerliche Demokratie schwindet immer mehr. Das alles führt zu einer großen Unzufriedenheit in der Gesellschaft, die bei den vergangenen Wahlen von der AfD mit einer aggressiven Hetze gegen Geflüchtete in eine rechte und nationalistische Ecke kanalisiert wurde.

Dabei gab es all diese Probleme bereits vor der Ankunft der Geflüchteten. Diese haben die sozialen Missstände ganz sicher nicht verursacht.

Zunächst muss festgehalten werden, dass jeder Kampf gegen rassistische Ressentiments nicht dauerhaft erfolgreich sein wird, wenn er nicht auch die soziale Frage mit einschließt. Dabei ist eine Rhetorik, wie sie Sigmar Gabriel zuletzt an den Tag gelegt hat, dass jetzt auch mal soziale Programme für die einheimische Bevölkerung aufgelegt werden müsse, ebenfalls brandgefährlich, da sie die ohnehin falschen Vorurteile bestätigen und erneut die Gesellschaft spaltet.

Eine gespaltene Gesellschaft wird aber kaum ausreichenden Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse aufbauen können. Lohnabhängige und prekarisierte Menschen werden keine sozialen Errungenschaften durchsetzen können, wenn sie aufgrund rassistischer Ressentiments keinen gemeinsamen Kampf für ihre Forderungen organisieren können. Denn ob und welche Forderungen sich durchsetzen, ist und bleibt auch immer eine Frage von Kräfteverhältnissen und Kämpfen. Während der Kampf gegen Rassismus hinkt, wenn er nicht auch die soziale Frage mit einschließt, bleibt Rassismus auch immer ein großes Hindernis auf dem Weg hin zu diesen Errungenschaften. Deshalb ist es auch richtig, sich in einer breiten Front Rassismus entgegenzustellen. Das heißt auch in allen Lebensbereichen vor Ort Ressentiments abzubauen und sich rassistischen Äußerungen in den Weg zu stellen. Dabei geht es auch darum, deutlich zu machen, dass die Solidarität der Lohnabhängigen international gefragt ist. Heute ist das Zentrum der kriegerischen Auseinandersetzung der Nahe und Mittlere Osten. Vor einem Jahrhundert war es Europa. Und egal wo, der Krieg um Absatzmärkte und Rohstoffe trifft in erster Linie die Lohnabhängigen und Armen.

Und wenn es um Existenzängste hier geht, so muss deutlich gemacht werden, dass nicht Geflüchtete Schuld an der sozialen Misere in diesem Land sind, sondern eine Politik der sozialen Kälte, die lediglich im Interesse einer kleinen wohlhabenden Minderheit ist. Der Unmut in der Bevölkerung muß zu Protest im eigenen Interesse für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen für alle werden. Dabei gilt die Losung, Solidarität und Völkerfreundschaft als stärkste Waffe im Kampf gegen Fluchtursachen und für soziale Errungenschaften.

* Landessprecherin, **Landessprecher (Die Linke NRW)

Close