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Hetze gegen Asylbewerber nimmt nach „Würzburg“ wieder zu

Kevin Westphal

In Würzburg ereignete sich eine Tragödie. Ein 24 Jähriger griff in der Haushaltsabteilung eines Kaufhauses nach einem Messer, mit welchem er anschließend drei Menschen tötete, fünf Menschen schwer und zwei weitere leicht verletzte. Bei dem Täter handelt es sich um einen somalischen Flüchtling, der subsidiären Schutz in Deutschland genießt. Sein Motiv ist vermutlich ein islamistisches. Während eine breite Welle gesellschaftlicher Trauer und Anteilnahme das Land erfasst, lässt der rechte Rand keine Gelegenheit ungenutzt, auch diesen Vorfall für seine perfide Hetze gegen Migranten und Muslime auszuschlachten. Wie immer ganz vorne dabei: Die Führungsriege der AfD.

„Wie viel Leid wollen die Deutschen noch ertragen?“ lautet die Frage, die Alice Weidel ihren Anhängern auf Facebook stellt. Und schnell ist wieder die Rede von Opfern der deutschen Asylpolitik und das ewigwährende Gepöbel nach konsequenter Abschiebung straffälliger Asylbewerber beginnt von neuem. Dabei hält Frau Weidel es sehr genau mit dem Wort „konsequent“. Abschiebungen findet sie ausdrücklich trotz der Lebensgefahr für die Asylbewerber absolut notwendig „angesichts dessen, wer sich in unserem Land tummelt“. Während sie also die zum Teil lebensbedrohlichen Situationen in den Herkunftsländern von Asylbewerbern verhöhnt, wird parallel dazu davon gesprochen, dass deutsche Bürger zu Freiwild islamistischer Dschihadisten geworden seien. Dass syrische oder irakische Asylbewerber zurück in die Kriegsfronten abgeschoben werden sollen, wo die vom NATO-Partner Türkei bis an die Zähne bewaffneten Islamisten auf sie warten, spielt dabei keine Rolle.

Begleitet wird die offenkundige Menschenverachtung in vielen Posts rechter Politiker von den typischen Narrativen der „islamistischen Messermorde“ und des Asylbetrugs. In dieser pauschalen Hetze gegen Flüchtende geht zu meist sehr schnell unter, dass einer der Zivilisten, die sich dem Täter zuerst entgegenstellten, iranischer Kurde und ebenfalls Flüchtling war. Während dieser bereits mit potentiellen Verdienstmedaillen gerühmt und auch von Konservativen gelobpreist wird, fordern dieselben Leute im nächsten Atemzug die Überarbeitung des deutschen Asylrechts.

Die Herkunft oder der Aufenthaltsstatus eines Menschen wird in der etablierten Politik- und Medienlandschaft zuverlässig immer erst dann relevant, wenn es um die Stigmatisierung und das Schüren von Feindbildern geht. Doch auch einen „vermeintlich guten Asylbewerber“ weiß der rechtsextreme Rand in seinen Fanatismus einzubetten. So konstatiert Björn Höcke – ebenfalls AfD -, dass Deutsche ein solch zivilcouragiertes Handeln in diesem Fall einzig aus dem Grund nicht oder weniger schnell unternehmen würden, weil sie befürchten müssten, in Folge eines Eingreifens gegen einen nicht-weißen, nicht-deutschen Menschen als Rassisten verrufen zu werden und am Ende selbst am Pranger zu landen. Außerdem hätte man wieder einmal schmerzhaft lernen müssen, „dass nicht alle Kulturen mit einander kompatibel sind.“

Dieser Hetze gegen Geflüchtete, andere Ethnien, Kulturen und Religionen gilt es sich entschieden entgegen zu stellen. Es ist wichtig, auch in Anbetracht solch schrecklicher Vorfälle, rational zu bleiben und jedweden Versuchen der Pauschalisierung und der Stigmatisierung die Stirn zu bieten. Die Taten einzelner Menschen, ob islamistisch oder krank, darf man nicht einer ganzen Kultur zuschreiben. Ganz unabhängig von Herkunft oder Religion, dürfen sich die Menschen nicht spalten lassen, denn gegen gemeinsame gesellschaftliche und soziale Probleme kann man nur gemeinsam vorgehen. Es sind die gleichen gesellschaftlichen Verhältnisse, die Menschen aus Afrika hierher fliehen lassen, aber auch Menschen, die hier leben, in prekäre Verhältnisse und Armut versinken lassen. Statt gegenseitigen Hass, sollten Besitz- und Produktionsverhältnisse als Problem erkannt und angegangen werden.

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