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Kein Widerstand sondern Einklang?

Sinan Cokdegerli

Laut einer der berühmtesten Marktforschungsstudien Deutschlands, der Sinus-Studie, hat die Jugend in Deutschland inzwischen keine Lust mehr auf „Provokation“, sondern möchte ein Teil des Ganzen sein und friedlich leben. Die Forscher des „Sinus“ – Instituts haben nach vier Jahren wieder ihre Studie veröffentlicht, in der sie unter anderem Jugend-Subkulturen betrachten. Ihre Analyse: Die Jugend will nicht mehr provozieren, sondern ein Teil des „Mainstream“ sein.

Sinus oder Cosinus? In dieser Studie geht es wie man schnell merkt nicht um mathematische Formeln, sondern um eine Einordnung der Gesellschaft in bestimmte Untergruppen. Vor allem, wer sich mit Marktforschung befasst, kommt nicht an den Sinus–Milieus vorbei. Diese stellen nämlich neben wenigen anderen Referenzstudien mit Abstand eine der wichtigsten in der Branche dar.

Seit 35 Jahren führt das Institut „Sinus“ nun derartige Studien durch und hat sich weitgehend in vielen Teilen der Unternehmensausrichtung, Unternehmensziele, Zielgruppenanalyse usw. einen Namen gemacht. Das liegt nicht unbedingt an der Anzahl der Befragten, also nicht an der Quantität der Studie, sondern mehr daran, dass das Institut ein sehr ausführliches Interview mit jedem Teilnehmer führt, das sich zum Teil über mehrere Stunden zieht.

Bei dieser Untersuchung der gesellschaftlichen Aufteilung werden alle vier Jahre Jugendliche befragt. Die rund 72 befragten Jugendlichen zwischen 14 und 17 wurden von den Forschern in sieben Milieus aufgeteilt, von denen das größte, die der „Adaptisch Pragmatischen“ und das kleinste, die der „Prekären“ ist.

Rebellen oder Spießer?

Erst vor einigen Monaten hatten wir in unserer Zeitung eine andere Studie genauer betrachtet. Die Shell–Jugendstudie hatte uns, damals im Oktober, ausführlich gezeigt, dass Jugendliche sich immer mehr politisch engagieren und etwas bewirken wollen.

Wenn man die Berichterstattung zur Sinus–Studie genauer betrachtet, könnte man fast sagen, die Jugend wäre sorglos glücklich und würde aus Spießern bestehen, die keine Lust haben, etwas zu verändern und sich so ihrer Umwelt immer wieder anpassen. Jedoch kann das nicht pauschal gesagt werden. Denn auch hier kommt heraus, dass Jugendliche zwar eine bessere Welt, mit friedlichem Miteinander möchten, aber die Sorge haben, alleine nichts verändern zu können.

Aus diesem Blickwinkel betrachtet stimmen beide Studien nun wieder überein. Eigentlich erzählen sie die Selbe Geschichte mit anderen Worten. Das ist auch nicht verkehrt, denn schließlich sind es nicht die Selben Jugendlichen und die Aussagen der Befragten gelten nicht automatisch für Millionen Jugendliche in Deutschland.

Ein Fazit kann aber schließlich aus beiden Studien gezogen werden. Die Jugend möchte in einer besseren, sozialeren und toleranten Gesellschaft leben und versucht, diese zu erreichen. Eine Studie, die Shell–Jugendstudie, erklärt, dass die Jugendlichen diese durch politisches Engagement erreichen wollen. Die andere, die Sinus–Studie, beschreibt, dass Jugendliche bereit sind, für ein friedliches Miteinander sich in den „Mainstream“ einzuordnen.

Beides zeigt, dass die Jugend nach einer gemeinsamen Lösung sucht, einer Bewegung, die nicht nur einige Randgruppen in sich vereint, sondern eine Mehrheit der Jugend, mit der in Richtung einer besseren Gesellschaft agiert werden kann.

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