Written by 16:00 HABERLER

Macron: Agenda 2010 auf Französisch

Tugba Bakirci

Am Wochenende wurden in Frankreich die Wahlurnen wieder ausgepackt: Die zweite Runde der Parlamentswahlen liefen. Die Verkürzung der Amtszeit des Staatspräsidenten in Frankreich, führte dazu, dass seit Ende der 1990`er Jahre die Abstimmungstermine der Wahlen von Parlament und Präsident eng beieinander liegen. Die Parlamentswahlen wurden seitdem immer mehr „präsidentalisiert“ und somit den frisch gewählten Präsidenten meistens die Möglichkeit gegeben, mit einer eigenen Mehrheit im Parlament zu regieren. So auch dieses Mal. Die Partei des neu gewählten Präsidenten Emmanuel Macron erzielte eine Zweidrittelmehrheit.

Doch ein genauer Blick reicht aus, um zu erkennen, dass es nicht der beste Rückhalt innerhalb der Bevölkerung ist. Denn nur weniger als 43% der Wahlberechtigten gingen zur Wahl. Das bedeutet für die Kandidaten der Partei „En Marche“ gerade einmal 13,4 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten. Die massive Wahlenthaltung führte zum ersten Mal dazu, dass bei den Parlamentswahlen die 50 Prozent Marke unterschritten wurde.

Der“ Mann aus der gesellschaftlichen Mitte“

So bezeichnen ihn gerne seine Kollegen und die Medien, nicht zuletzt die deutschen Medien, die seinen Wahlerfolg am Wochenende als „Triumph “ betitelten. Doch was für Interessen verfolgt denn die Partei „La Republique en Marche“ (Die Republik in Bewegung). Die im letzten Jahr neu gegründete Partei möchte in der kommenden Legislaturperiode ihren Fokus auf zwei besondere Themen legen, die Macron schnell abgearbeitet haben möchte: Eine Reform der Sozialversicherung und die Umänderung des Arbeitsrechtes. In der wird dann nicht nur über längere Arbeitszeiten entschieden, sondern auch über die Frage, welche Form von Arbeitserträgen rechtlich zulässig sein soll. Betroffen von der Umänderung wird besonderes die innerbetriebliche Gewerkschaftsarbeit sein, denn die Betriebsräte, die nicht selten eine kritische Haltung einnehmen, sollen verschwinden. Eine Agenda 2010- und Harzt-IV-Politik auf Französich!

Dadurch hat Macron gerade in den gesellschaftlich privilegierten Milieus neue Hoffnungen geweckt. Denn sie erhoffen sich eine mehr Profit durch professionaliserte Ausbeutung. Zu der Wählerschaft der Partei gehören Menschen mit hohen Bildungsabschlüssen und einem relativ hohen Erwerbseinkommen. Zu den Nichtwählern gehören vor allem Arbeiter, Angestellte, Rentner und Jugendliche.

Wessen Interessen vertritt Macron?

Schon wenn man sich die Kandidatenliste von „En marche“ anguckt, wird deutlich von den 521 Kandidaten ist etwa die Hälfte im Privatsektor beschäftigt. Unternehmer und Führungskader sind keine Seltenheit. Kurz nach der Gründung der Partei organisierte Macron Wahlpartys in London oder auch in New York und konnte bis Ende des Jahres 2016 1,5 Millionen Euro Spendengelder für den Wahlkampf eintreiben. Somit wundert man sich dann auch nicht mehr, dass Macron die Steuerbelastung wohlhabender weiter senken möchte.

Nun kommt mit der parlamentarischen Mehrheit der Neoliberalen eine große Verantwortung auf die Gewerkschaften und den demokratischen Kräften zu. Sie müssen die Menschen erreichen und gemeinsam gegen Macron und seine Partei standhaft bleiben. Denn an den Wahlergebnissen und der Wahlbeteiligung erkennt man, die Bevölkerung ist enttäuscht von der Politik.

Close