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Mieterhöhung trotz Corona

Özgün Önal

Seit Jahren steigen die Mieten in Frankfurt drastisch und sind sogar für Gut- und Durchschnittsverdienende kaum mehr bezahlbar. Das wissen wir alle schon längst. Während Mieterhöhungen an der Tagesordnung sind, schwindet gleichzeitig die Zahl von Wohnungen mit Sozialbindung. Die Initiative Mietentscheid Frankfurt kämpft bereits seit 2018 gegen diese Wohnungspolitik der Stadt. 

Kurz vor Weihnachten hat die landeseigene Wohnungsgesellschaft Nassauische Heimstätte (NH) Mieterhöhungen an Haushalte des Frankfurter Stadtteils Nordweststadt verschickt. Von den deutlichen Mietsteigerungen, die bis zu 15 Prozent betragen, sind etwa 400 Mietparteien betroffen. Der Mietentscheid Frankfurt, der sich als Bündnis aus 46 Organisationen für eine soziale Mietenpolitik der öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften einsetzt, kritisiert dieses Vorgehen scharf.

„Ist das die dreisteste Mieterhöhung Frankfurts?“, fragt Lisa Hahn, aktiv bei „Eine Stadt für alle – Wem gehört die ABG?“ und Sprecherin des Bündnisses Mietentscheid Frankfurt. „Im vergangenen Jahr hatte die Nassauische Heimstätte pandemiebedingt auf Mieterhöhungen verzichtet, nun versendet sie zeitgleich mit dem Beginn des zweiten Lockdowns Mieterhöhungen. Dieses Vorgehen ist skandalös und unterläuft den seit 2019 bei der Nassauischen Heimstätte geltenden Mietenstopp. Die Nassauische Heimstätte muss ihrer Verantwortung als öffentliche Wohnungsgesellschaft nachkommen und die Mieterhöhungen zurücknehmen.“ Nur für ein gutes Drittel der 396 Mietparteien, die eine Mieterhöhung bekommen haben, will die NH ihren sogenannten Mietenstopp anwenden. Selbst mit Mietenstopp wären für die NH noch Mietersteigerungen zwischen 2019 und 2023 von maximal 5 Prozent möglich. „Das heißt, die NH löst das Versprechen zu einem Mietenstopp mehrheitlich nicht ein“, so Hahn.

Mieter schreiben offenen Brief

Die MieterInnen des Gerhart-Hauptmann-Rings (Stadtteil Nordweststadt) haben eine Initiative (Gerhart-Hauptmann-Ring Initiative) gegründet und kämpfen gegen die Mieterhöhung der NH. Seit 2018 verzeichneten die Mietsparteien einen Mietzuwachs von 3 bis 15% und auch 2021 soll bei den meisten die Erhöhung um 15 % steigen. Somit wird mit der aktuellen Mieterhöhung die Miete innerhalb von 3 Jahren um 20-30 Prozent erhöht. Skandalös finden die MieterInnen, dass die Wohnungsgesellschaft seit 20 Jahren keine Wartungs- oder Reparaturarbeiten an den Häusern durchgeführt hat, was eine Mietsteigerung rechtfertigen könnte. Personen, die ihre Miete aufgrund der Erhöhungen nicht bezahlen können, wird empfohlen, zusätzliche Mietzuschüsse zu beantragen. Menschen, die heute trotz jahrelanger Arbeit auf Miethilfe bzw. Wohngeld angewiesen sind, sind das Ergebnis eines auf Profit ausgerichteten Wohn- und Baupolitik. 

Daher haben die MieterInnen nun einen offenen Brief an den Frankfurt Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) und Hessischen Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen Tarek Al-Wazir (die Grünen) verfasst. Diese Politiker sitzen nämlich im Aufsichtsrat der Nassauischen Heimstätte und bestimmen die Unternehmenspolitik mit. 

Coronahilfen für Konzerne – Kein Geld für MieterInnen?

Staat und Landesregierungen haben Hilfspakete von mehreren Hunderten von Milliarden Euro angekündigt, um die Wirtschaft mit Beginn der Corona-Pandemie zu retten. Mit den beschlossenen Hilfspaketen wurden große Unternehmen subventioniert und gestärkt. Die hessische Landesregierung hat zusätzlich finanzielle Unterstützung geleistet, um Unternehmen innerhalb des Landes zu retten.

Das Land Hessen zeigt sich als unverantwortlich, indem sie die eigene Wohnungsbaugesellschaft (Nassauische Heimstätte) nicht in Verantwortung zieht und vielen Werktätigen, RentnerInnen, Arbeitslosen und all denen, die ein schwaches Einkommen haben, keine Hilfe gewährt. Landesweit haben gut 6000 Haushalte der Nassauischen Heimstätte eine Mieterhöhung erhalten. Bekanntlich sind die Mieten in Frankfurt auch unabhängig von der Pandemie nicht bezahlbar und gut die Hälfte eines Monatseinkommens geht für die Miete drauf. Das will die Gerhart-Hauptmann-Ring-Initiative nicht länger erdulden und hat eine Unterschriftenkampagne gegen die Mieterhöhung gestartet. 

Im Zusammenhang mit der Unterschriftenkampagne hat die Initiative mit dem Bündnis Mietentscheid zusammen am 4. Februar 2021 eine Aktion organisiert und ist mit seinen Mietern zur Nassauischen Heimstätte und hat den offenen Brief in den Briefkasten geschmissen. Solidarisiert haben sich an dem Tag ebenfalls von der Mieterhöhung betroffene MieterInnen des Stadtteils Niederrad.

Anschließend hatten die Betroffenen die Möglichkeit, mit dem Oberbürgermeister Peter Feldmann zu debattieren und ihre Forderungen kundzutun. Dieser positionierte sich zwar  offiziell gegen die Mieterhöhung, aber stellte dennoch keine Rücknahme der Mieterhöhungen in Aussicht.

Stattdessen appelliert er heuchlerisch an die MieterInnen, sich weiter gegen die Mieterhöhung einzusetzen und weiter zu kämpfen. In Zeiten der Pandemie, in der Einkommenseinschränkungen z.B. durch Kurzarbeiterverträge oder gar Einkommensausfälle durch Arbeitslosigkeit die Realität ausmachen, darf nicht von einer Mieterhöhung die Rede sein. 

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