Written by 10:09 HABERLER

Ni una menos, Nein heißt Nein und die Farbe Lila

Dilan Baran

Die Frauenbewegung wächst. Der 8. März ist wieder zum Leben erwacht. Nach einigen Jahren der Ruhe gingen im letzten Jahr in fast allen Großstädten der Bundesrepublik zehntausende Menschen auf die Straße. Auch dieses Jahr waren die Demos lebhaft und kämpferisch, wenn auch mit etwas zurückgegangener Beteiligung. In Hamburg rief das Hamburger Bündnis zum internationalen Frauentag dieses Jahr explizit nur FLINT Personen (Frauen Lesben Inter Nonbinär und Transpersonen) zur Demonstration am Sonntag auf. Trotz dessen liefen zwischenzeitlich 6000 Personen mit.  Außer Kinderbetreuung und Frühstücksvorbereitungen vom Support der Cis-Männer wurde hier außerdem alles von FLINT Personen gestaltet. Technik, LKW Fahren, Djanes , Ordnerinnen, Versammlungsleitung, Rednerinnen, Moderation und Rapperinnen. Besonderes Highlight der Auftaktkundgebung: Lia Sahin. In der Selbstbezeichnung „die übliche beatboxende rothaarige deutsche transgender  Frau mit türkischem Migrationshintergrund“, außerdem die Girrlitas. Sie rappen über Selbstbestimmung über den eigenen Köper, Diskriminierung und Sexismus auf dem Arbeitsmarkt und im persönlichen Umfeld. „Ist dein Selbstbewusstsein denn wirklich so klein“ heißt es in einer Songzeile „Nein heißt Nein“ rufen tausende Frauen im Anschluss über den Platz. „Die Bewegung wächst wieder“ so Yeter Özbolat vom Migrantinnen Bund und Teil des Bündnisses. Vor allem sehe sie ein wachsendes Selbstbewusstsein bei jungen Frauen, die auch heute am 8. März die Mehrheit bilden. Dass nur FLINT Personen aufgerufen seien, bedaure sie, schließlich sei die Gleichberechtigung der Frau eine gesellschaftliche Aufgabe und keine, über die man sich weiter spalten lassen sollte.

Die Frauenbewegung Lateinamerikas gibt den Ton an

Am anderen Ende der Republik in Stuttgart folgten über 800 Teilnehmer*innen dem Aufruf von Aktionsbündnisses 8. März und ver.di zur Kundgebung und Demonstration. Eine Vertreterin der chilenischen Frauengruppe ging in ihrer Rede auf die konkreten Kämpfe gegen Sexismus und Femizide in Südamerika ein. Im Anschluss tanzten hunderte Frauen den Protest-Tanz Lastesis als Zeichen des Protests gegen Vergewaltigungen und sexuelle Übergriffe. Überhaupt zeichnet sich ein Einfluss der  starken Frauenbewegung Lateinamerikas in Europa ab. Der Lastesis wurde in fast alle europäischen Sprachen bereits übersetzt. Auf mehreren Schildern steht „Ni una Menos“ (Nicht eine weniger), Slogan der wohl größten und bekanntesten Frauenbewegung gegen Femizide in Lateinamerika. Spanische Reden werden gehalten. Beim Auswärtsspiel von FC St. Pauli prankt der Satz „Unidaxs en la lucha feminista“, Vereint im feministischen Kampf auf dem Banner im Stadion.

Besonders prekär ist die Situation von Frauen in der Pflege und im Einzelhandel

In Stuttgart wird außerdem die enge Verbindung von Gewerkschafts- und Frauenkampf deutlich. Entlang der Demoroute finden Aktionen statt, die die Arbeitsbedingungen von Frauen im Einzelhandel und in der Pflege sichtbar machten, als auch Verbindungen herstellten zu sozialen Problemen wie Wohnen oder unbezahlte Arbeit im Haushalt und bei der Kindererziehung. Die Demonstration endet mit Redebeiträgen zu den Arbeitsbedingungen von Frauen in der Gastronomie und im Einzelhandel.

DGB entscheidet sich gegen den Aufruf

Doch in vielen Orten funktioniert die Zusammenarbeit nicht so gut. In Köln entscheidet sich der DGB gegen einen Aufruf und die Teilnahme an der Demonstration, weil das Bündnis die Polizeigewerkschaft nicht dabei haben möchte, in Hamburg, weil es sich um eine reine FLINT Demonstration handelt. Dabei sollte der 8. März ursprünglich neben dem 1. Mai ausdrücklich ein Kampftag für die Forderungen Arbeiterinnen sein. So hatten es die kommunistischen Frauen auf der zweiten Frauenkonferenz 1910 beschlossen.  Sogar einige ihrer Forderungen, wie der nach einem 8 Stunden Tag oder der nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit sind heute noch aktuell.

Mein Körper gehört mir

In Köln laufen dennoch an die 4000 Menschen mit vielen bunten Schildern und Bannern.  Besonders prägnant, die Forderung nach Selbstbestimmung über den eigenen Körper. „My Body, my choice“, „Nein heißt Nein“ und „Viva la Vulva“  heißt es und am Ende macht auch doch eine Gruppe auf ihre Zustände am Arbeitsplatz aufmerksam, die Krankenhauspflegekräfte. Nicht aufgerufen von den Gewerkschaften, sondern vom Pflegebündnis fordern sie mehr Personal, mehr Pausen, mehr Zeit mit den Patienten.

Angriff auf Frauentagsdemo in Aachen

Während in allen Städten der 8. März trotz teils regnerischem Wetter mit viel Musik und bunten Farben begangen wird, kommen aus Aachen grausame Nachrichten. Der Demozug wurde von bekannten lokalen Neonazis angegriffen. Mit Messern, Pfefferspray und Quartzhandschuhen bewaffnet und vermummt versuchen die rechten Messermänner anscheinend Demo-Teilnehmer*innen zu verletzen.  Der Angriff am Rande der friedlichen Demo löste einen Großeinsatz der Polizei Aachen aus, verletzt werden zuletzt jedoch lediglich die zwei Angreifer selber, wie die Polizei bestätigt.

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