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NSU: Beate Zschäpe belastet mit Aussagen langjährige Freundin

Eren Gültekin

Über zwölf Jahre sind vergangen, seitdem der NSU aufgeflogen ist. Doch trotz des großen NSU-Prozesses, der am 11. Juli 2018 zu einem vergleichsweise milden Urteil in München führte, bleiben viele Fragen noch immer unbeantwortet.

Wie wir bereits in der letzten Ausgabe von Neues Leben berichtet haben, hat die Bundesanwaltschaft am 26. Februar eine Anklage gegen Susann Eminger erhoben. Ihr wird vorgeworfen, eine terroristische Vereinigung unterstützt und Beihilfe zu schwerer räuberischer Erpressung mit Waffen geleistet zu haben. Eminger soll spätestens seit 2007 gewusst haben, dass die Mitglieder des NSU im Untergrund lebten und Morde sowie Banküberfälle verübten. Susann Eminger ist die Ehefrau von Andre Eminger, der zu einer zweieinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt und mittlerweile wieder auf freiem Fuß ist. Beate Zschäpe und sie pflegten eine enge Freundschaft.

Susann und ihr Ehemann Andre haben den NSU über Jahre begleitet haben, als sie in Zwickau lebten. Außerdem soll sie Beate Zschäpe ihre Krankenkassenkarte überlassen haben, damit diese Arzttermine wahrnehmen konnte, oder ihre Personalien genutzt haben, um Bahnreisen durchführen zu können. Ebenfalls bekannt ist, dass sie mit ihrem Mann und Uwe Böhnhardt Ende Oktober 2011 zu einer Vermietstation gefahren sind, um ein Wohnmobil anzumieten, mit dem der NSU ihren letzten Raubüberfall verübte. Nach dem Auffliegen des NSU half das Ehepaar Zschäpe bei der Flucht, wobei sie ihr Wechselkleidung gaben.

Gegen sie und neun weitere Personen wurde bereits seit dem Auffliegen des NSU ermittelt. Es sah jedoch so aus, als ob das Verfahren gegen sie eingestellt würde, da das bereits bei sechs der neun Verfahren passiert war. Unter den Beschuldigten soll sich mindestens eine staatliche V-Person befinden. Jedoch liefen die Ermittlungen gegen Susann Eminger und Hermann S. sowie Pierre J. weiter. Bei letzteren beiden Männern ist bekannt, dass sie der rechtsterroristischen NSU-Gruppe Pumpguns verschafft haben. Die Bundesanwaltschaft teilte zuletzt mit, dass sich der Tatverdacht gegen Eminger erhärtet habe, teilte jedoch keine weiteren Details dazu mit.

Aus Berichten verschiedener Medien ist bekannt, dass die Anklage gegen Susann Eminger unter anderem aufgrund neuer Aussagen ihrer alten Freundin Beate Zschäpe erhoben wurde. Zschäpe ließ sich mehrmals im Gefängnis befragen, zuletzt Mitte Oktober in Anwesenheit ihres Anwalts. Offenbar lieferten ihre Aussagen ausreichend belastende Informationen, um eine Anklage zu erheben. Eminger, die als Zeugin zum NSU-Prozess in München geladen wurde, verweigerte damals die Aussage. Ihre Aktivität in der rechten Szene war bereits seit Jahren bekannt. Sie befindet sich derzeit auf freiem Fuß. Der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Dresden muss nun entscheiden, ob es überhaupt zu einem Prozess kommen soll.

Wieso entschied sich aber Zschäpe auszusagen und damit ihre langjährige enge Freundin zu belasten? Ob sie doch gemeinsam mit den Behörden die V-Person unter den anfangs neun verdächtigten Personen decken und dafür Eminger bewusst zur Zielscheibe gemacht haben könnte? Dass erst nach mehr als einem Jahrzehnt eine Anklage gegen Eminger erhoben wird, obwohl ihre Tätigkeiten schon immer bekannt waren, sollte definitiv nicht nur mit schlampiger Behördenarbeit begründet werden.

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