Alev Bahadır
Der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) ermordete zwischen den Jahren 2000 und 2011 zehn Menschen, neun davon mit Migrationshintergrund und beging 3 Sprengstoffanschläge, die sich gegen Migranten richteten. Dass die Geschichte vom vermeintlichen „Trio“ unmöglich ist, ist, trotz dem Beharren darauf durch die Behörden, klar.
Im NSU Prozess in München sind die Mitangeklagten von Beate Zschäpe, die zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt wurde, mit kurzen Strafen davongekommen. Unter ihnen auch André E., der die Rechtsterroristen mit Papieren, Bahncards, Unterkünften versorgte und Beate Zschäpe in Zwickau zur Flucht verholfen hat. André E. wurde zu 2 ½ Jahren im Münchner Prozess verurteilt, was zu Applaus von Seiten der anwesenden Nazis geführt hat. Nun erhebt die Staatsanwaltschaft Klage gegen seine Frau Susann.
Susann E. war genauso, wie ihr Ehemann, eine der engsten Vertrauten des Trios. Sie stellte Beate Zschäpe wiederholt ihre Personalien zur Verfügung, so laut der aktuellen Anklage wohl auch Versichertenkarten und Bahncards. Als die Polizei aufgrund eines Einbruchs im Haus, in dem sich ebenfalls das Versteck der Drei befand, vor deren Wohnung stand, benutzte Beate Zschäpe den Ausweis von Susann E. und ging als sie mit André E. zu einer Befragung aufs Polizeirevier. Zu diesem Zeitpunkt waren Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt bereits abgetaucht. Nach dem Sprengstoffanschlag in Nürnberg erkannte der damals 18-jährige Besitzer der Kneipe, in dem die Sprengsatz gezündet wurde und der nur schwerverletzt überlebte, Susann E. auf Fotos wieder.
Susann E. ist eine der wenigen Verbliebenen Unterstützerinnen des NSU gegen die noch ermittelt und nun Anklage erhoben wird. Viele weitere Ermittlungen wurden eingestellt, obwohl anzunehmen ist, dass das NSU Netzwerk über 100 Menschen erfasst. Ob der Prozess in Dresden wirklich zur Aufklärung des Komplexes beitragen wird, ist, aufgrund der bisherigen Handhabung durch staatliche Organe, nicht zu erwarten und wohl auch nicht wirklich erwünscht. Der NSU wurde jahrelang durch Gelder, die über sogenannte V-Personen vom Verfassungsschutz kamen, unterstützt. So viel ist bekannt, viel mehr nicht. An dem Tag, an dem Mundlos und Böhnhardt starben und Beate Zschäpe ihre Wohnung in Zwickau anzündete wurden im Bundesamt für Verfassungsschutz massenweise Akten zerstört. Die Rolle, die der Staat gespielt hat, ist immer noch im Dunkeln, immer wieder wird von einem „Versagen“ gesprochen.
Gleichzeitig möchte das Bundesinnenministerium ein Dokumentationszentrum zum NSU Komplex einrichten, das an die Opfer der Mordserie erinnern und die Rolle der Behörden kritisch betrachten soll. Dabei sollen die Angehörigen der Opfer Mitspracherecht haben. Die Bundeszentrale für politische Bildung wurde bereits mit der Erarbeitung eines Konzepts beauftragt. Als Standorte sind Berlin, Köln oder Nürnberg im Gespräch, doch auch eine dezentrale Lösung steht im Raum. Erinnerungsarbeit an die Opfer und die Verbrechen sind ein wichtiger Schritt, damit diese nicht vergessen werden. Die Forderung nach Aufklärung bleibt weiter bestehen.