Written by 15:21 HABERLER

Özak-Arbeiter kämpfen für ihre Rechte und Gewerkschaft

Ein Arbeitskampf in der Türkei weitet sich aus und zeigt die brutale Fratze eines Unternehmers und staatlicher Behörden. Es geht um die Beschäftigten von Özak Tekstil im Industriegebiet in der südostanatolischen Textilstadt Şanlıurfa. Özak Tekstil ist das größte Unternehmen in der Textilstadt Şanlıurfa, das für viele bekannte Marken, insbesondere Levi’s, produziert. Das Unternehmen gehört zu den „ISO SECOND 500“, zu den 1000 größten Unternehmen in der Türkei.

Unzufrieden mit Zugeständnissen der Gewerkschaft

Die Arbeiter waren unzufrieden mit der Haltung und den Zugeständnissen ihrer Hausgewerkschaft „Öz İplik-İş“. Sechs Jahre lang galt diese Gewerkschaft als die Hausgewerkschaft im Unternehmen Özak Tekstil. Vor ungefähr drei Jahren traten einige Arbeiter von Özak Tekstil aus der Gewerkschaft Öz İplik-İş aus und schlossen sich der Gewerkschaft DİSK/Tekstil an, aber der Widerstand wurde durch den Druck des Chefs und die Unfähigkeit von DİSK/Tekstil, mit der Entschlossenheit der Arbeiter Schritt zu halten, gebrochen. Die Arbeiter haben aus dieser Erfahrung gelernt und sich nun besser organisiert. 450 der 700 Arbeiterinnen und Arbeiter kündigten die Mitgliedschaft bei Öz İplik-İş und wurden Mitglied der zwar kleinen aber kämpferischen „Vereinigten Textil-, Weberei- und Lederarbeitergewerkschaft“ BIRTEK-SEN, die in der Region Gaziantep und Urfa bereits in der Vergangenheit erfolgreiche Kämpfe geführt hatte. Die Gewerkschaft ist nicht nur in Worten kämpferisch, sondern zeigt den Arbeitern durch Standhaftigkeit und Haltung, wie der Kampf geführt werden muss.

Gewerkschaften konkurrieren um Zulassung 

Hierzu muss man wissen, dass das „Betriebsverfassungsgesetz“ in der Türkei anders geregelt ist. Oft gibt es in einer Branche verschiedene Gewerkschaften, die im Betrieb um Mitglieder konkurrieren. Die Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern beantragt die Zulassung beim Ministerium für Familie, Arbeit und Soziales und kriegt diese (meistens) zugeteilt und darf somit mit dem Arbeitgeber in Verhandlungen treten. Das Ministerium „überprüft“, ob die Gewerkschaft die Zulassungsbedingungen erfüllt. Die anderen Gewerkschaften haben hierbei keinerlei Möglichkeiten, sich einzubringen, es sei denn, sie wachsen und werden die größte Gewerkschaft und bekommen die Zulassung für das Unternehmen. Kritische oder kämpferische Gewerkschaften kriegen aber oft keine Zulassung oder ihnen werden Steine in den Weg gelegt.

Als die Wunschgewerkschaft des Chefs, die eher als Co-Management fungierte, die Mehrheit der Mitglieder verlor, kündigte die Betriebsleitung einer Arbeiterin, die Mitglied von BİRTEK-SEN geworden war, um die Arbeiter zu bedrohen und sie in ihre Schranken zu weisen. Doch es ging nach hinten los und die Arbeiter stellten die Produktion ein und begannen mit dem Widerstand.

Recht simple Forderungen

Die Forderungen der Arbeiter sind nicht mal übertrieben, dass sie vom Chef nicht erfüllt werden könnten. Im Gegenteil:

  1. Wiedereinstellung der entlassenen Kollegin
  2. Der Chef erkennt das Recht der Arbeiter an, die Gewerkschaft zu wählen, in der sie Mitglied werden wollen
  3. Die Löhne während der Zeit des Widerstands werden ohne Abzüge ausgezahlt!

Die Wucht der staatlichen Willkür

Um den Widerstand bei Özak zu verhindern, wurde auf Wunsch des Chefs die Gendarmerie, eine Art paramilitärische und politische Polizei, um die Fabrik herum zusammengezogen, als sei es ein Verbrechen, Mitglied der BİRTEK-SEN zu sein. Die Gendarmerie und der Gouverneur der Provinz Sanliurfa versuchten, den Druck auf die am Widerstand beteiligten Arbeiter zu erhöhen, aber erfolglos. Das Gouverneursamt sprach sogar kurzzeitig ein „Aktions-und Betätigungsverbot“ für die ganze Stadt und Provinz Sanliurfa aus. Hierbei wurden in einer Deklaration alle Arten von Aktionen/Aktivitäten (Presseerklärungen, Versammlungen, Märsche, Hungerstreiks, Streiks, Sit-ins, Kundgebungen, das Eröffnen von Ständen, das Aufstellen von Zelten, das Verteilen von Flugblättern/Broschüren, das Aufhängen von Bannern/Transparenten usw.) in öffentlichen Plätzen vom 29.11.2023 ab 13:00 Uhr bis 23.59 Uhr am 02.12.2023 verboten. Da in der Zeit außer den Özak-Arbeitern keinerlei Aktionen geplant waren, zielte dieser Aktionsverbotsbeschluss nur darauf ab, den Widerstand der Özak Tekstil Arbeiter zu brechen. Unmittelbar nach der Entscheidung des Gouvernements wurden der Vorsitzende von BİRTEK-SEN, Mehmet Türkmen und zwei weitere Funktionäre festgenommen und nach kurzer Zeit wieder freigelassen.

Das Ziel des Şanlıurfa-Gouvernements, war es, nicht nur die Aktionen der Özak Tekstil-Arbeiter zu verbieten, sondern auch die Versuche, sich mit ihnen zu solidarisieren, durch Isolierung der kämpferischen Arbeiter vom Stadtbild.

60 Arbeiter verhaftet, viele verletzt

Als der Widerstand der Özak-Textilarbeiter am 15. Tag (11. Dezember) fortgesetzt wurde, griff die Gendarmerie erneut in den Kampf der Arbeiter ein. Die Gendarmerie nahm mindestens 60 Arbeiter und zwei Gewerkschaftsfunktionäre fest. In den frühen Morgenstunden, als die Gendarmerie Barrikaden errichtete, warteten die Arbeiter weiterhin auf dem Bürgersteig. Die Gendarmerie schlug mit Schlagstöcken auf die Beschäftigten und den Vorstand der BİRTEK-SEN ein und setzte Pfefferspray ein. Zwei Gewerkschaftsvorstände und zahlreiche Beschäftigte wurden von der TOMA mit Tränengas und Wasserwerfern festgenommen. Viele Beschäftigte wurden bei dem Einsatz geschlagen und verletzt.

Daher ist es wichtig, den Arbeiterinnen und Arbeitern Solidarität zu zeigen und sie bei ihrem berechtigten Kampf zu unterstützen. Es gab so z.B. bereits Solidaritätsaktionen in verschiedenen deutschen Städten. Vor der Levis-Zentrale in Offenbach am Main wurde eine Protestaktion durchgeführt, vor mehreren Levis-Filialen Flyer verteilt.

Solidaritäsbekundungen können an Birlesik Tekstil Dokuma ve Deri Iscileri Sendikasi (Birteksen) unter birlesiktekstilsendikasi@gmail.com geschickt werden.

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