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SIKO, Hanau, Polizei, München

Der 19. Februar 2022 war ein ereignisreicher Tag für die Menschen in München, aber insbesondere für diejenigen, die gegen Rassismus und Militarismus auf die Straßen gegangen sind. Zum einen fanden Versammlungen zur größten Militarisierungsfeier der Welt, der Münchner Sicherheitskonferenz statt, zum anderen versammelten sich auch viele Menschen um den Opfern des rassistischen Anschlags von Hanau zu gedenken und um gegen Rassismus zu protestieren. Ein roter Faden zog sich durch alle Versammlungen, eine massive Polizeipräsenz.

Schon bevor die ersten Versammlungen begonnen hatten, Tage vorher eigentlich schon, war eine selten zuvor gesehene Polizeipräsenz spürbar. Mehrere Kilometer vom Bayerischen Hof, dem Austragungsort der SIKO 2022, hatte die Polizei bereits Busse mit Einsatzkräften abgestellt, teilweise mit Personenkontrollen und vielem mehr. Rund um den Versammlungsort der Anti SIKO Kundgebung wurden Teilnehmende von der Polizei regelrecht schikaniert. An nahezu jedem Polizeipunkt wurden Menschen mit Bannern und Fahnen angehalten, die Transparente wurden gesichtet, teilweise fotografiert.

Mehrere Teilnehmende der Anti SIKO Demonstration berichteten im Nachhinein von Personenkontrollen und gezielter Einschüchterungsversuche durch die Polizei. Doch das hinderte trotzdem nahezu 3.000 Menschen nicht daran an der Demonstration teilzunehmen. Noch vor Beginn der Versammlung hatten sich Tausende Menschen aus verschiedensten Kreisen am Ort der Auftaktkundgebung versammelt, von der Klimabewegung, bis hin zu Senior*innen der Gewerkschaften. Von Menschen, die aus Wuppertal und Mannheim angereist waren, weil sie eine militärische Eskalation in Europas Herzen erwarteten, bis hin zu denen, die jedes Jahr in München an der Demonstration teilnehmen.

Foto: Yeni Hayat

Selten so notwendig, immer so bedeutsam

Dabei war eine starke Teilnahme an dem Protest gegen die SIKO selten so immens notwendig wie in diesem Jahr. Weltweit wird die Spannung rund um die Ukraine dazu genutzt Rüstungsausgaben zu erhören und eine Militarisierung voranzutreiben. Die Münchner Sicherheitskonferenz wurde auch seitens der deutschen Regierung dazu genutzt die Militarisierungstrommel zu bedienen, es soll nun mehr Geld für die Rüstung bereitgesellt werden. Die Bundeswehr soll ihrem Auftrag gerecht werden können, kam es von der Bundesregierung erklärt und natürlich freut das nun alle, die sich daran dumm und dämlich verdienen.

Gleichzeitig demonstrierten in der Innenstadt auch Gruppen für eine weitere Militarisierung und für mehr Waffen auf der Welt. Auf einem der größten Plätze der Stadt fand eine Kundgebung von ukrainischen Gruppierungen statt, bei der gefordert worden ist, was seit Wochen nicht aus den Medien wegzudenken ist, nämlich Waffenexporte in die Ukraine. Es macht wenig Sinn in diesem Fall die Bundesregierung zu verteidigen, denn sowohl die alten als auch das neue Kabinett ist fleißig darin Rüstungsexporte in die ganze Welt zu betätigen. Wer gedacht hatte, mit der SPD und den Grünen würde es sowas nicht geben, hat entweder die neuere Geschichte Europas vergessen, oder die neuere Geschichte dieser beiden Parteien, welche nicht gerade mit Friedenstauben glänzen.

Die Anti SIKO Demonstrationen sind und bleiben sehr wichtig und bedeutsam, denn während nun die Rüstungsausgaben erhöht werden sollen, haben wir immer noch immense Probleme im Inn – und Ausland, wo das Geld eigentlich gebraucht wird. Ganz zu schweigen davon, dass immer mehr Waffen nie immer mehr Frieden auf der Welt bedeutet haben und das auch nie der Fall sein kann. Jedes Jahr bricht Deutschland einen neuen Rekord was Rüstungsexporte anbetrifft, letztes Jahr im Wert von 9,35 Milliarden Euro, fast 6 Milliarden mehr als im Vorjahr.


Hanau ist überall

Doch so wichtig die Anti SIKO Demonstration auch ist, ein weiteres Thema bewegte am Samstag den 19.2. die Menschen dazu auf die Straßen zu gehen. An diesem Tag jährte sich der rassistische Terroranschlag von Hanau zum zweiten Mal. Tausende versammelten sich erneut um den Ermordeten zu gedenken. Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtovic, Vili Viorel Paun, Fatih Saracoglu, Ferhat Unvar, Kaloyan Velkov wurden am 19. Februar 2020 von einem Rassisten in Hanau umgebracht. Dies bewegte damals und bewegt noch immer viele junge Menschen. Um ein würdevolles Gedenken auf die Beine zu stellen entschied sich die DIDF Jugend München mit vielen Organisationen zusammen das Thema aufzunehmen.

Das Gedenken fing zwar scheinbar friedlich an, war aber überschattet von einer extremen Polizeipräsenz. Die Polizei verwies zwar andauernd darauf, dass dies nur wegen der zeitgleich stattfindenden Münchner Sicherheitskonferenz sei, aber es war bereits zu Beginn der Veranstaltung klar, dass die Einsatzkräfte nicht zur Deeskalation vor Ort waren. Mit jeder Minute kam ein Polizeiwagen nach dem anderen. Die rund 1.000 Teilnehmenden der Gedenkveranstaltungen ließen sich jedoch davon nicht einschüchtern. Skandalös ist, dass die Polizei München während der Kundgebung Racial Profiling betrieb und eine offen rechte Gruppe, die versuchte das Gedenken zu stören nicht vom Platz verwies, obwohl dies von der Versammlungsleitung angesprochen worden war.

Die Tatsache, dass es der Polizei um eine Eskalation der Situation ging wurde erst auf der späteren Demonstration klar, wo eine Einsatzgruppe der Polizei sich in die Demo drängelte, dabei zwischen einer Baustelle und der Demonstration stecken blieb und anfing mit Schlagstöcken um sich zu schlagen. Daraufhin ging nahezu die gesamte Polizeipräsenz auf die Demonstration los, es kam zum erneuten Einsatz von Schlagstöcken und auch von Pfefferspray. Dabei wurden mehrere Demonstrierende verletzt. Passant*innen, die diesen Einsatz auch als unverhältnismäßig beurteilten und die Polizei anhielten aufzuhören und die Demonstration in Ruhe zu lassen wurden von Einsatzkräften beleidigt. Im Laufe des Abends kam es immer wieder dazu, dass die Demonstration seitens der Polizei gestört worden ist. Eine weitere Eskalation gab es, als Teilnehmende der Demonstration auf dem Weg nach Hause waren. Eine Gruppe der Polizei wartete, einige Stationen vom Ort der Abschlusskundgebung entfernt, auf die Teilnehmenden, die dort umsteigen mussten um dann erneut mit Schlagstöcken noch mehr Demonstrierende zu verletzen. Videos zu den einzelnen Vorfällen kursieren auch derzeit auf den Social Media Seiten der jeweiligen Gruppen und von Einzelpersonen. Erst am Tag darauf entschieden sich auch Medien wie die Süddeutsche Zeitung und die Bild dazu über die Vorfälle zu schreiben. Weder letztes Jahr, noch dieses Jahr hatten diese Medien sich die dafür genommen um über das Gedenken in München zu berichten.

Protest und Solidarität Hand in Hand

In München wurde erneut gezeigt, dass der Protest um eine von Rassismus freie Gesellschaft und die Solidarität mit den Angehörigen Hand in Hand gehen müssen. Der rechte Terror, aber auch der Terror seitens der Polizei enden nicht mit den leeren Worten Vertreter*innen der Regierungsparteien, wie beispielsweise Faeser. Gleichzeitig müssen Protestbewegungen in einander übergehen, wie an diesem Tag in München, wo der Protest gegen Rassismus den Protest für eine friedliche Welt, sowie andersrum, beflügelte.

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