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Solidarität statt Rassismus – Sommercamp

Melissa Arduc und Sinem Yeşil

Unter dem Motto „Solidarität statt Rassismus“ fand das diesjährige Sommercamp der DIDF-Jugend am Tegeler See in Berlin vom 28. Juli bis zum 06. August statt. Entsprechend dem Motto wurde das Programm durch zahlreiche AGs, Freizeitaktivitäten und Seminare gestaltet.

Kreativität entfalten und kennenlernen

Den eigentlichen Alltag prägten vor allem die AGs. Dort lernt man nicht nur, sich kreativ zu entfalten, sondern schließt auch neue Freundschaften. Da die meisten Leute sich zur Anfangszeit des Camps noch nicht kennen, dienen die AGs dazu, sich gegenseitig kennen zu lernen. Denn der Großteil des Tages wird in den jeweiligen AGs verbracht. Dort führten die Jugendlichen in der Campzeitung Interviews, drehten bei Camp TV Sketche, hielten die wichtigen Augenblicke des Camps in der Foto AG fest, schrieben den Campsong in der Musik-Produktion-AG oder musizierten live in der Live-Musik-AG. Sie mischten unterschiedliche Tanzstile in der Tanz AG, lernten sich zu verteidigen in der Selbstverteidigungs-AG oder diskutierten in der Frauen AG. Die Ergebnisse der AGs wurden anschließend am letzten Abend vorgestellt.

Zahlreiche und interessante Seminare und Referate

Neben den ganzen AGs gab es auch zahlreiche politische und gesellschaftskritische Seminare, die Teil des Campalltags waren. Dadurch, dass das Camp in der Hauptstadt stattfand, nahmen auch zahlreiche Gäste daran teil und boten Seminare zu Themenfeldern, in denen sie Experten sind, an.

Besonders interessant war der Vortrag von Vera Friedländer, als Zeitzeugin des NS- Regimes. Vera berichtete über ihre Vergangenheit als halbjüdische Zwangsarbeiterin im Schuhunternehmen Salamander. Dabei beschrieb sie den psychischen Druck und die Androhungen, denen die Zwangsarbeiter ausgesetzt waren, da die Arbeitsverweigerung mit dem Tod bestraft werden würde. Zudem hatte das Unternehmen von den alten und abgetragenen Schuhen der Menschen, die dem Nationalsozialismus zum Opfer fielen (u.a. Gefangenen in Auschwitz), profitiert. Außerdem erzählte sie vom Schicksal ihrer Familie, wie sie gemeinsam mit ihrem Vater am Rosenstraßen-Protest teilgenommen hatte, als ihre Mutter inhaftiert wurde. Wie sie u.a. von ihrem Schulleiter, der ihre Herkunft vor allen verbarg, geschützt wurde. Von ihrem weiteren Lebensverlauf, den immer noch währenden Bemühungen, dass das Schuhunternehmen Salamander seine Schuld anerkennt und von der Notwendigkeit auch heute noch gegen Rechts zu kämpfen.

Ein weiterer Gast war Susann Witt-Stahl, Chefredakteurin bei der Zeitschrift „Melodie & Rhythmus“. Sie berichtete von der Rolle der sogenannten „Gegenkultur“, aber auch davon, wie Rassisten, u.a. durch „Rechtsrock“, Kultur instrumentalisieren, um neue Menschen zu gewinnen und auch von der Rolle der Hip-Hop-Kultur. Dabei kritisierte sie den sexistischen Wortgebrauch der Rapper, erklärte aber auch, dass dieser so großen Anklang finde, weil unsere Gesellschaft sexistisch ist und erläuterte die Rolle des Raps in der Jugendszene, woraufhin eine hitzige Diskussion entstand.

Noch weitere Gäste, wie Reiner Braun vom internationalen Friedensbüro (Thema: Krieg), Claudia Haydt von der Informationsstelle Militarisierung IMI (Militarismus und Bundeswehr), Uwe Hiksch von den Natur Freunden Deutschlands (Umwelt), Diethard Möller von Arbeit Zukunft (G20) und viele mehr, beteiligten sich am Programm.

Freizeitaktivitäten, Feier und Rundfahrten sorgten für eine super Stimmung

Daneben sorgten die Freizeitgestaltung und ein breit gefächertes Abendprogramm mit viel Musik und Tanz für Abwechslung im Alltag. Nachmittags kamen die Jugendlichen mit Aktivitäten, wie Bubble Soccer, Staffelspielen usw. ins Schwitzen oder konnten sich mit einem Eis am Tegeler See entspannen. Am Dienstag, den 01. August, ging es zur antifaschistischen Rundfahrt in die Berliner Innenstadt. Die Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialgeschichte, den Verbrechen, aber auch der Widerstand im Hitler-Faschismus waren zentrale Themen der Rundfahrt. Zum Schluss konnten die Jugendlichen noch selbstständig Berlin besichtigen, wobei sich vor allem das Viertel „Kreuzberg“ besonderer Beliebtheit erfreute.

Abends hatte man Spaß beim Improvisationstheater und der Talentshow, konnte mit Arbeiterliedern am Lagerfeuer abschalten oder sich beim sogenannten „Kaynaşma“ besser kennenlernen. Ein besonderer Höhepunkt war der Besuch der „Bühne für Menschenrechte“, das sich in einzigartiger Weise mit ihrem Stück „NSU-Monologe“ mit dem Schicksal der Opferfamilien beschäftigt.

Die Intention des Camps war es, unter dem Motto „Solidarität statt Rassismus“ den Jugendlichen genau ein Leben im Namen dieses Mottos aufzuzeigen. Auf dem Camp wurden zehn solidarische Tage miteinander verbracht. Es wurde viel über aktuelle soziale und Alltagsprobleme diskutiert, gemeinsam etwas geschaffen und viel Spaß gehabt. Das Camp soll den Jugendlichen die Möglichkeit bieten einerseits eine Auszeit von ihren alltäglichen Problemen zu haben und dabei über eine mögliche Lösung dieser Probleme nachzudenken, zu diskutieren und zu kämpfen. Denn nur wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren.

Melissa Arduc und Sinem Yeşil


Statements zum Camp

Wir haben Jugendliche zu ihren Eindrücken zum Camp befragt

Taylan, 20 Jahre, aus Hamburg

„Das ist mein erstes Camp gewesen. Besucht habe ich die Theater AG. Auf dem Camp habe ich gelernt, wie leicht es eigentlich ist mit Jugendlichen was zu organisieren. Zum Beispiel in der Theater AG, wo wir alle gemeinsam was auf die Beine stellen mussten. Die Seminare waren sehr informativ, was wiederum effektiv ist, weil ich vieles mit nach Hause nehmen werde. Das wichtigste war das Gemeinschaftsgefühl auf dem Camp.“

Yaren, 19 Jahre, aus Gießen

„Das Camp fand ich sehr schön und es wurde von Tag zu Tag immer besser. Ich konnte auch viele neue Leute kennenlernen. Mit der Zeit wurde die Atmosphäre familiär. Ich bin auch total traurig, dass es vorbei ist. Auf dem Camp war ich in der Frauen AG und dort haben wir u.a. ein Lied geschrieben und Diskussionen geführt über Frauen und Feminismus. Was ich vom Camp mitgenommen habe, sind viele neue Erfahrungen, sowie das kollektive Leben miteinander und auch der Zusammenhalt.“

Denizcan, 20 Jahre, aus Berlin

„Ich bin seit fünf Jahren auf dem DIDF-Jugend Camp dabei. Auch dieses Jahr bin ich in der Tanz AG, wie das Jahr zuvor auch. Aus dem Camp nehme ich, wie jedes Jahr auch, neue Freundschaften mit. Unser Camp dient zu der Erweiterung des Horizontes von jedem Einzelnen von uns. Außerdem entwickeln wir auch unser politisches Wissen weiter.“

Demirhan, 15 Jahre, aus Berlin

„Ich war bei Camp TV mit dabei. Das diesjährige Camp war mein erstes. Ich konnte vieles aus den zehn Tagen Camp lernen. Zum einen, dass wir tatsächlich alles erreichen können, wenn wir zusammenhalten. Ich habe gelernt, wie man in einer anderen Atmosphäre lebt. Die Seminare waren gut, aber auch etwas anstrengend.“

Asmin, 15 Jahre, aus Darmstadt

„Das diesjährige Camp war mein erstes Jugendcamp. Ich besuchte die Selbstverteidigungs-AG und fand es wirklich sehr gut geleitet. Ich betrachte nach den ganzen Seminaren, die sehr informativ waren, ein paar Themen aus einer anderen Sicht. Zum Beispiel wurde ich davor nicht aufgeklärt, das der Kapitalismus sehr viel mit dem Rechtspopulismus zu tun hat. Neben den Seminaren, habe ich auch sehr viele neue Jugendliche getroffen, mit denen ich auch den Kontakt definitiv pflegen werde.“

Lukas, 25 Jahre, aus Marburg

„Ich besuchte ebenfalls die Selbstverteidigungs-AG. Das war mein erstes Jugendcamp von der DIDF Jugend. Ich werde ganz viele neue Eindrücke, genauso auch ganz viele neue Gesichter, wo ich schon die Hälfte der Namen leider vergessen habe, mitnehmen. Ich hatte so viel Austausch mit anderen Jugendlichen. Wie zum Beispiel bei dem Seminar „Oktoberrevolution“. Das ist meiner Meinung nach eines der interessantesten und detailreichsten Seminare auf dem Camp gewesen.“

Tugba, 21 Jahre, aus Marburg

„Das war mein drittes Jugendcamp. Ich besuchte die Frauen AG, was mir sehr gut gefallen hat. Wir reisten mit der AG durch andere AGs und haben auch produktiv mit den Teilnehmern gearbeitet. Ich fand die Vielfalt der Seminare sehr gut. Ich habe mich zuvor nie mit dem Thema Kultur und Gegenkultur beschäftigt, das war was ganz Neues für mich. Ich werde ebenfalls die Atmosphäre, sowie die Ideen, die wir auf dem Camp zusammen entwickelt haben, mit in meinen Ort nehmen.“

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