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Straßenfest gegen Rassismus und Diskriminierung – für ein besseres Zusammenleben

Taylan Özen

Unter diesem Motto fand am 09. Juni am Aufseßplatz Nürnberg das 4. Straßenfest statt. Im Vorfeld des Festes gab es einige Kundgebungen und Demonstrationen gegen den Landesparteitag der AfD, der am gleichen Tag in Nürnberg stattfand.

Die Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Mittelfranken rief zu einer Kundgebung in der unmittelbaren Nähe des Parteitages auf. Der Vorsitzende der Allianz und zugleich des DGB Mittelfranken, Stephan Doll, sprach auf der Kundgebung: „Wenn Alexander Gauland die Zeit des Hitlerfaschismus als ‚Vogelschiss in über 1.000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte‘ relativiert, verharmlost er damit nicht nur den Holocaust, sondern auch die zehn Morde der NSU-Terroristen. Drei der NSU-Opfer wurden in Nürnberg ermordet. Auch deshalb protestieren wir gegen die in großen Teilen rechtsextreme AfD.“ Des Weiteren sprach auf der Veranstaltung der stellvertretende Vorsitzende des Bezirksjugendrings Mittelfranken, Christian Löbel. Er betonte in seiner Rede, dass es sehr wichtig sei, in der Jugendarbeit die deutsche Geschichte zu behandeln und sich in jeder Situation gegen Rassisten zu stellen.

Eine andere Veranstaltung an dem Tag war die Demonstration vom Hauptbahnhof zur Meistersingerhalle, wo der Landesparteitag der AfD stattfand. Aufgerufen zu der Demo hatten die SDAJ und weitere Jugendgruppen und -organisationen. Nachdem diese Demonstration ebenfalls mit einer Kundgebung beendet wurde, gab es dann die letzte Demo an diesem Tag unter dem Motto „Kein Vergessen- Rassismus bekämpfen, NSU aufklären“. Diese Demo wurde von der DIDF-Jugend Nürnberg organisiert und bündelte nochmal alle Proteste und Aktionen an und in der Stadt an dem Tag. Die Demo ging von der Meistersingerhalle zur Scharrerstraße, wo am 9. Juni 2005, also genau vor 13 Jahren, Ismail Yaşar, ein türkischer Kleinunternehmer vom faschistischen NSU (Nationalsozialistischer Untergrund“) ermordet wurde. An der Scharrerstraße gab es eine Gedenkkundgebung und dann ging es weiter zum Aufseßplatz. Obwohl die Aktionen an diesem Tag sehr friedlich verliefen, wurde schon im Vorhinein und auch während der Demo eine feindliche Stimmung gegen die Demonstranten aufgebaut. Denn das USK (Unterstützungskommando) der Polizei, das an diesem Tag im Einsatz war, zeigte sich mehrmals sehr aggressiv. Kurz bevor der Demozug die Scharrerstraße für die Zwischenkundgebung erreichte, wurden Demonstranten ohne Grund zurückgedrängt, Teilnehmer geschubst und Schlagstöcke kamen zum Einsatz. Nur der besonnene Einsatz der Veranstalter und zahlreicher Demonstranten, die dazu aufriefen, sich nicht provozieren zu lassen, konnte an dieser Stelle die mehr als angespannte Stimmung kippen. Als die Demonstration am Aufseßplatz ankam, wurden seitens des USK, ohne ersichtlichen Grund, zwei Jugendliche aus der Demo herausgeholt. Während die Polizei in ihrer Reaktion voll auf Eskalation setzte, waren es wieder die Teilnehmer und Veranstalter, die die Situation beruhigten und parallel herauszufinden suchten, warum die Jugendlichen verhaftet wurden. Dazu gab es Gespräche mit der Einsatzleitung der Polizei. Nachdem – bedingt durch das Gespräch – die Einsatzleitung einen Teil der Polizisten abgezogen hatte, beruhigte sich die Lage wieder, so dass die Demonstration dann beendet werden konnte. Einer der beiden Jugendlichen wurden nach einigen Stunden, der andere erst am nächsten Tag, wieder freigelassen.

Wenn man sich im Nachhinein die Situation am Aufseßplatz anschaut, sieht man, dass die Polizei mit Absicht die Situation eskalieren ließ. Die Vorwürfe, die sie den beiden Jugendlichen vorwarfen, sollen nämlich nicht erst am Ende, sondern noch zu Beginn und Mitte der Demonstration passiert sein. Bereits Tage vorher hatte die Polizei in Presseerklärungen „Gewaltbereite“, „Linksextreme“ und „Autonome“ als Teilnehmer benannt und die Lokalpresse hatte die Erklärungen unkritisch übernommen. Da passten die Festnahmen auch sehr gut in dieses Bild, das die Polizei vermitteln wollte. Mit der Verhaftung der beiden Jugendlichen konnte die Polizei rechtfertigen, dass so viele USK´ler im Einsatz waren und in zweiter Linie sollte verhindert werden, dass die Demonstration friedlich in das Straßenfest überging. Doch die Rechnung ging nicht auf und die meisten Teilnehmer zogen trotzdem zum Straßenfest weiter.

Dort hatten die Veranstalter, über 50 Organisationen und Verbände, bereits ab 7 Uhr am frühen morgen eine Bühne sowie Info-, Essen- und Getränkestände aufgebaut und den Platz mit Plakaten und Transparenten geschmückt. Pünktlich um 14 Uhr fing das Programm mit TAXI BROUSSE (Mix aus Folklore und rockig-angehauchtem Afropop) an. Für die Stadt Nürnberg hielt Claudia Arabackyj ein Grußwort. In ihrem Grußwort bekräftigte sie die Wichtigkeit des Festes und bedankte sich in Namen des Bürgermeisters bei allen Beteiligten. Weiter ging es mit dem Chor der Dr.-Theo-Schöller Mittelschule, denn in diesem Jahr nahmen auch zwei Nürnberger Schulen an dem Straßenfest teil.

Es gab noch weitere Reden, Tänze und Musikgruppen. Mit Bülbül Manush ging die Veranstaltung um 22 Uhr zu Ende.

Das besondere bei dem 4. Straßenfest war, dass alle Bands und Gruppen keine Gage nahmen, weil ihnen die Bedeutung des Festes so wichtig war und sie auch einen Beitrag dazu leisten wollten, Rassismus und Faschismus aus ihrer Stadt zu verbannen. Erstaunlich war auch, dass viele kulturelle Beiträge zurückgestellt oder abgesagt werden mussten, weil keine Zeit vorhanden war. Das Bündnis wird sich auch zu einer Nachbesprechung treffen, – ganz im gemeinschaftlichen Charakter des Straßenfestes – um die positiven und negativen Aspekte des Tages zu besprechen und auszuwerten. Das Straßenfest war im Großen und Ganzen ein voller Erfolg und hat sich immer mehr in der Nürnberger Stadtgesellschaft etabliert. Deshalb steht das 5. Straßenfest gegen Rassismus und Diskriminierung – für ein besseres Zusammenleben bereits für den 22. Juni 2019 fest.

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