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Damit wir wieder atmen können

„I can’t breathe“. Schon lange war kein Satz mehr so symbolisch und gleichzeitig so treffend, wie die letzten Worte George Floyds. Der 46-jährige Afroamerikaner wollte am 25. Mai in Minneapolis nur Zigaretten kaufen. Als Mitarbeiter seinen 20-Dollarschein für Falschgeld hielten und Floyd sich weigerte mit ihnen zu gehen, riefen sie die Polizei. Die vier Beamten, die ankamen, versuchten zunächst gewaltsam Floyd in den Streifenwagen zu setzen, obwohl er betonte, dass er klaustrophobisch sei und sich weigerte, einzusteigen. Daraufhin presste einer der Polizisten sein Knie auf Floyds Hals, während die zwei anderen ihn festhielten und der Vierte die Passanten wegschickte. 8 Minuten und 46 Sekunden presste der Polizist sein Knie auf George Floyds Hals. Trotz der Proteste von Passanten, die ihn filmten. Obwohl George Floyd immer wieder sagte, dass er nicht atmen kann. Und auch nachdem Floyd bereits fast 3 Minuten ohnmächtig war, nahm er sein Knie nicht weg. Die zur Hilfe gerufenen Sanitäter konnten nichts mehr für Floyd tun, er wurde im Krankenhaus für tot erklärt. Leider ist der Tod schwarzer Menschen durch Polizeigewalt in den USA keine Seltenheit und führt immer wieder zu Protesten. Doch was nach George Floyds Tod folgen sollte, erwartete so niemand. Es folgten Massenproteste gegen Rassismus und Polizeigewalt in den USA, aber auch international. Ausschlaggebend dafür ist sicherlich der Überdruss ständig rassistischer Gewalt durch die Behörden, allen voran die Polizei, ausgesetzt zu sein, aber auch die wirtschaftliche Situation dürfte ihren Teil dazu spielen. Durch Covid-19 ist die Arbeitslosenzahl in den USA in Höhe geschossen. Seit März beantragten 33 Millionen Menschen Arbeitslosenhilfe. In den USA gibt es quasi kaum soziale Absicherung und es sind besonders Minderheiten, wie Schwarze, die der Arbeiterklasse angehören und ganz unten auf der sozialen Leiter stehen. Dementsprechend sind sie auch öfter von Armut bedroht. Die immer wieder vorkommende Polizeigewalt hat die Proteste gemeinsam mit den sozialen Problemen nur befeuert. Auch in Deutschland kamen tausende vor allem junge Menschen bei „Silent Protests“ zusammen, um sich zu solidarisieren. Was jetzt entscheidend für junge Menschen hier in Deutschland ist, ist die breite Solidarität und der Kampfgeist, der gerade da ist, in die richtigen Bahnen zu lenken. Denn Rassismus ist ein Problem, das wir hier allzu gut kennen. Die Anschläge von Hanau sind erst wenige Monate her, der Prozess gegen den Mörder von Walter Lübcke hat jetzt begonnen, erst vor wenigen Tagen gedachten wir zwei der zehn NSU Opfer oder dem Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstrasse. Racial Profiling ist nichts, was wir nur sehen, wenn wir über den großen Teich blicken, sondern hier schon lange ebenfalls Realität. Doch muss auch klar sein: Rassismus ist nicht auf die Böswilligkeit von Einzelpersonen zurückzuführen, sondern ist Teil dieses Systems. Der Kampf gegen Rassismus steht nie alleine, sondern ist immer Teil von sozialen Kämpfen. Erst wenn wir diese lösen, werden wir endlich wieder atmen können.

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